Wiefelstede Wenn sie von ihrem Beruf erzählt, hört man gespannt zu. Aber auch ehrfürchtig. „Das könnte ich nicht“ bekommt Christin Warns (31) dann zu hören. Andere wiederum sind neugierig oder stellen vorsichtig Fragen. Christin Warns ist die vermutlich jüngste, geprüfte Bestatterin im Ammerland.
Schwerer Gang
Es ist ein schöner, sonniger Tag. Ganz freundlich steht die St.-Johannes-Kirche Wiefelstede mitten zwischen den Gräbern. Während man von draußen Kinderstimmen hört, schmückt Christin Warns gemeinsam mit ihrem Vater Helmut Warns drinnen die Kirche für eine Urnenandacht. Die junge Bestatterin legt Wert auf die Dekoration. Diese sollte würdevoll, aber auch aufheiternd und positiv auf die Hinterbliebenen wirken. „Es ist schon ein schwerer Gang, es muss nicht noch schwerer werden“, sagt die 31-Jährige.
In der Branche brauche es viel Fingerspitzengefühl. Im Ausnahmezustand der Trauer müssen die Angehörigen vor der Beerdigung viele Entscheidungen treffen, viel Papierkram durchstehen. „Die Familien sind dankbar, wenn man sie leitet.“ Als Bestatterin ist Warns für sie erste Ansprechpartnerin. „Es ist schon eine gewisse Hilflosigkeit da. Es kommt aber auch auf die Umstände des Todes an“, sagt die 31-Jährige. Manche Hinterbliebenen sind ruhig, andere weinen oft. „Aber eigentlich wissen alle: Wir müssen da irgendwie durch. Man muss die Hinterbliebenen irgendwo abholen.“ Beim Durchsehen vom Stammbuch kommt Christin Warns ins Gespräch, die Angehörigen fangen an, positiv zu erzählen. Geht es an den Sarg, müssen die meisten schlucken. Ein Wechselbad der Gefühle.
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Der Beruf der Bestatterin war für Christin Warns eigentlich Plan B. Neun Jahre lang hat sie als Chemielaborantin gearbeitet. Durch das Familienunternehmen in Wiefelstede sei sie in den Beruf der Bestatterin hineingewachsen und hat seit einigen Jahren im elterlichen Betrieb Vertretungen übernommen oder ausgeholfen. Im März war die Freisprechung der neunmonatigen berufsbegleitenden Ausbildung. Auf dem weltweit einzigen Lehrfriedhof im bayrischen Münnerstadt musste die 31-Jährige selbst anpacken und mit anderen Teilnehmern ein Grab ausheben.
Selten gibt es Dinge, die Christin Warns am Liebsten vergessen möchte. Die Autobahn ist weiter weg, Unfälle dort zum Beispiel übernehmen die Kollegen aus Rastede oder Bad Zwischenahn. Schwere Fälle halten sich in Grenzen. „Wir reden sehr viel darüber“, meint die 31-Jährige. Mit den Eltern oder Aushilfen. Es sei auch wichtig, nicht alles an sich ran zu lassen. Für Warns ist es nicht nur „stumpf“ ein Beruf. Es habe auch viel mit Gefühl zu tun.
Tod gehört zum Leben
So düster der Beruf auf den ersten Blick scheint, es ist nicht immer traurig. Durch die Fenster der St.-Johannes-Kirche strahlt die Sonne und wirft schnörkelige Schatten auf den Boden. „Die Dankbarkeit der Leute ist ganz viel Lohn“, sagt Warns. Die Kirche ist für sie ein freundlicher, heller Ort. Unter diesem Dach kommt alles zusammen: Taufe, Gottesdienste, Hochzeiten und Beerdigungen – das Leben und der Tod.