WEHNEN Der weitere Fortgang der Erinnerungsstätte auf dem Ofener Friedhof und ein Vortrag über die „Nationalsozialistische Zwangssterilisation im Lande Oldenburg“ standen im Mittelpunkt der Mitgliederversammlung des Gedenkkreises Wehnen. Rund 20 Interessierte kamen im Vortragsraum der Karl-Jaspers-Klinik zusammen, um sich über die Forschungsergebnisse von Dr. Martin Finschow zur Zwangssterilisation im Dritten Reich zu informieren und darüber zu diskutieren, wie mit der Gestaltung der Erinnerungsstätte verfahren werden soll.
In seiner Forschungsarbeit über Zwangssterilisation im Oldenburger Land brachte Finschow erschreckende Tatsachen zu Tage. „Mit dem ‘Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses‘ vom 14. März 1933 wurde nicht nur eine rassische, sondern auch eine soziale Auslese betrieben und dem Denunziantentum Tür und Tor geöffnet", so Martin Finschow in seinen Ausführungen. Wer von der Erbgesundheitsbehörde erfasst war hatte kaum mehr Möglichkeiten, sich einer Zwangssterilisation zu entziehen.
In der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Wehnen wurden bis 1945 zwei Zwangssterilisationen vorgenommen. Alle anderen Patienten dieses Hauses wurden im Peter-Friedrich-Ludwig-Hospital (PFL) in Oldenburg operiert. Für „unruhige Patienten“ wurden damals im PFL spezielle Zellen hergerichtet.
Um die Patienten entsprechend beurteilen und der Zwangssterilisation zuführen zu können griffen die Behörden auf Beurteilungen von Volksschulen zurück. Die meisten Lehrer kamen den Wünschen der Behörden offenbar nach und attestierten den betroffenen Schülern Schwachsinn. Courage bewies ein Lehrer Pieper von der Volksschule Kayhauserfeld, der die Lernschwäche eines Schülers nicht auf Schwachsinn sondern auf die häusliche Situation zurückführte. Damit wurde der Schüler vor der Sterilisation bewahrt.
Das Gesetz, das die nationalsozialistische Zwangssterilisation rechtlich begründete, wurde in Deutschland erst 2007 geächtet. Da dieses Gesetz nicht als „Unrechtsge-setz“ eingestuft wurde ruhte es bis zu diesem Zeitpunkt.
Diskutiert wurde bei der Versammlung auch, wie der Gedenkkreis mit der Inschrift für den großen Kissenstein auf dem Ofener Friedhof umgehen soll. Ein Vorschlag war von der Kirchengemeinde Ofen nicht genehmigt worden. Die 1. Vorsitzende des Gedenkkreises Wehnen, Edda Minssen, hofft, diesen Disput einvernehmlich zu regeln. „Beide Seiten sind auf einem guten Weg, das hinzubekommen.“ Wahlen für einen Teil des Vorstandes standen bei der Mitgliederversammlung ebenfalls auf der Tagesordnung. Sowohl Anke Ahlers als Schriftführerin als auch Gerd Minssen als Kassenwart wurden für die nächsten beiden Jahre wiedergewählt.