Bremen Takayo Miura hat ein Stück Eichenholz in die Drechselbank eingespannt. Die Auszubildende will einen Knauf für eine Glastür herstellen. Das Holzstück dreht sich nun tausend Mal pro Minute. Die 25-Jährige nimmt ein Schneidwerkzeug in die Hand – eine Drehröhre – und setzt es am Holz an, sodass die Späne fliegen. Der Duft von frischem Holz verbreitet sich.
Die Japanerin liebt Holz und handwerkliches Arbeiten. Um eine Tischlerausbildung zu machen, wie es sie so in Japan nicht gibt, kam sie vor sechs Jahren nach Deutschland. Damals sprach sie noch kein Deutsch. Ihre Tischlerlehre reichte ihr am Ende nicht: Sie setzte nach Abschluss eine Drechslerlehre drauf. „Ich möchte so viel wie möglich lernen“, sagt sie. Im Sommer macht sie ihre Prüfung. Ihr Gesellenstück soll ein Teeservice aus Holz werden.
Lange Geschichte
Das Drechslerhandwerk ist ein jahrtausendealtes Handwerk. Erste Hinweise auf die Technik des Drehens, um Holz, Horn oder Bernstein zu bearbeiten, finden sich laut Drechslerverband bereits vor 4500 Jahren in Ägypten.
Bundesweit sind 100 Unternehmen im Verband organisiert, viele von ihnen sind Ein-Personen-Betriebe. Die meisten sitzen in Süddeutschland. „Das liegt in der Historie begründet“, sagt Bundesinnungsmeister Walter Hoppe aus Hannover. „Wenn man sich die schlanken und schlichten Worpsweder Möbel anschaut und dagegen die üppigen Arbeiten in Süddeutschland, weiß man warum.“ Ob Säulen, Treppenstäbe, Stempelgriffe oder Gewürzmühlen – sie haben eines gemeinsam: Sie stammen aus Drechslerwerkstätten.
Glück in Bremen
Takayo Miura hatte Glück, einen Ausbildungsplatz zu ergattern. Gerade mal vier Betriebe in Deutschland bilden zur Drechslerin aus. Einer davon ist die Bremer Drechslerei von Hans-Peter Schöner. Es ist die einzige verbliebene Drechslerei in der Hansestadt und eine von nur noch wenigen in Norddeutschland.
Bundesweit lernen zurzeit gerade mal neun junge Menschen das Handwerk. Sie müssen alle zur Berufsschule nach Bad Kissingen in Bayern.
Stirbt eines der ältesten Gewerke weltweit also aus? „Nein“, betont Innungsmeister Hoppe. „Es tut sich was.“
Auch dem Bremer Meister Hans-Peter Schöner ist es wichtig, Berufseinsteiger zu fördern – so wie er einst unterstützt wurde. Nach seiner Zimmererlehre schloss er mit dem Drechslerhandwerk eine zweite Ausbildung an. 2010 machte er sich selbstständig. Vor kurzem bezog er mit seinem Betrieb einen Neubau. Man merkt sofort: Der traditionelle Beruf ist sehr modern. Hier stehen auch Hobelautomaten, Fräsmaschine, Laser-Cutter und eine moderne CNC-Drehmaschine mit programmierter Computersteuerung.
Aber klar: Zu Schöners Werkzeugen gehören zudem Meißel, Schruppröhre, Stecheisen, Raspeln und Feilen.