Nordenham - Der Typ verfolgt dich auf Schritt und Tritt. Er weiß, was du einkaufst, wofür du dich interessiert, mit wem du dich verabredest. Bis ins Schlafzimmer ist er dir auf den Fersen. Er weiß mehr über dich als deine besten Freunde. Er macht dir Angst, wenn er als visualisierter Kerl mit Drei-Tage-Bart und neugierigem Blick auf der Lauer liegt. So wie in dem Film, den Jochen Dudeck den Achtklässlern der Oberschule Am Luisenhof am Donnerstag im Unterricht zeigt. Dass man ihn in der realen Welt nicht sieht, heißt nicht, dass er Fiktion ist.
Unsichtbarer Begleiter
Wer ein Smartphone bei sich trägt und sich nicht viel Gedanken um Datenschutz macht, hat den unsichtbaren Begleiter stets im Nacken. Das ist die Botschaft, die Jochen Dudeck, Leiter der Stadtbücherei und Experte für Medienpädagogik, und der Bücherei-Auszubildende Hendrik Schröder den knapp 40 Jugendlichen vermitteln will. Lehrer Nils Humboldt hat die beiden eingeladen. Im Politik-Unterricht stehen zurzeit Medien auf dem Stundenplan. Und dazu gehören auch die Sozialen Netzwerke und Messenger-Dienste wie Whatsapp, Facebook und Instagram, die nur auf den ersten Blick kostenlos sind. „Im Internet gibt es nichts umsonst“, sagt Jochen Dudeck. „Der Preis, den wir bezahlen, sind unsere Daten.“
Vieles von dem, was Jochen Dudeck erzählt, ist für die Schüler neu. Dass Whatsapp zum Beispiel das Telefonbuch des Nutzers scannt, dass alle Telefonnummern übermittelt und alle Nachrichten, Sprachaufzeichnungen, Fotos und Videos gespeichert werden, ist vielen von ihnen nicht bewusst.
Schüler Julien Schnell gibt sich nach der Doppelstunde zum Thema Datenschutz und Privatsphäre nachdenklich: „Ich hätte nicht gedacht, dass das alles so schlimm ist, und ich bin schon ein bisschen erschrocken.“ Der 15-Jährige nutzt Facebook, Instagram und Whatsapp, so wie die meisten seiner Mitschüler. „Aber in Zukunft werde ich auf jeden Fall vorsichtiger mit meinen Daten umgehen“, sagt er.
Die neue Währung
Die Profile der Internet-Nutzer sind die Währung, mit der sich viele Soziale Netzwerke finanzieren. Die Daten werden in großen Paketen verkauft. Sie geben Auskunft über Alter, Gewohnheiten, Bildungsstand, Interessen und vieles mehr. Die Informationen bescheren den Nutzern auf sie zugeschnittene Werbung. Aber sie dienen auch anderen Zwecken. Nach den Worten von Jochen Dudeck werden die Profile zum Beispiel von Unternehmen genutzt, um die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden einzuschätzen.
Jochen Dudeck empfiehlt den Jugendlichen, sparsam zu sein mit dem Preisgeben von Daten im Internet und möglichst wenig von sich im Netz zu erzählen und zu zeigen. Was nur für die engsten Freunde bestimmt ist, egal ob Text oder Bild, sollte nie mit dem Smartphone versendet werden. Dies gelte vor allem für Fotos, die den Internet-Nutzer in einer privaten Situation oder leicht bekleidet zeigen. Nach den Worten von Jochen Dudeck haben Internet-Nutzer keine Privatsphäre mehr, wenn sie sich im Netz bewegen. Dies lasse sich nur mit erheblichem technischen Aufwand verhindern. Seinen Vortrag „Big Data – das Ende der Privatsphäre?“ hält Jochen Dudeck noch einmal für ein erwachsenes Publikum und zwar am Dienstag, 6. Februar, ab 19.30 Uhr in der Stadtbücherei. Jochen Dudeck hat die Erfahrung gemacht, dass viele Erwachsene ähnlich sorglos mit ihren Daten umgehen wie Jugendliche. Eine weitere Veranstaltung zum Thema Datensicherheit, ist die so genannte „Cryptoparty“ am Samstag, 10. Februar, von 16 bis 19 Uhr in der Bücherei. Dann geben Mitglieder der Bielefelder Hochschulgruppe Digitalcourage unter anderem Auskunft darüber, wie E-Mails und Festplatten verschlüsselt werden und wie sich die „Daten-Sammelwut von Smartphones“ eindämmen lässt.