Oldenburg - „Eine Bekannte von mir will hier jetzt demnächst anfangen, ihren Sarg zu bauen. Und so lange der noch nicht genutzt wird, soll er als Regal bei ihr stehen“, erzählt Christa Stock. Stock ist Mitglied im Verein Fliegende Späne und arbeitet selbst gerade an einem Bettsofa für ihre 88-jährige Mutter. „Das wird eine Sonderanfertigung, speziell auf die Bedürfnisse meiner Mutter zugeschnitten“, erklärt die gelernte Tischlerin.
Mit Sonderanfertigungen hat man in der Werkstatt des Vereins schon reichlich Erfahrung gemacht. Denn schließlich ist jedes Stück, das die Räume verlässt ein Unikat. Seien es Schiebetüren für einen japanischen Kleiderschrank, Kommoden, oder auch mal Einzelteile für die Druckmaschine eines schweizerischen Museums – die Handwerkerinnen versuchen, alles, was die Werkzeuge hergeben und die Nutzerinnen wünschen, auch umzusetzen. Meist greifen sie dabei übrigens auf Werkstoffe zurück, die bereits eine Vergangenheit haben. So wird aus einem alten Regal schonmal ein Schreibtisch.
„Bei uns kann von knifflig bis künstlerisch alles ausprobiert werden“, bemerkt Sonja Haas, die seit Gründungszeiten dabei ist. Die Anfänge des Vereins finden sich in den 1980er Jahren bei der Frauenbildungseinrichtung „Donner 45“. Als die städtischen Zuschüsse der Einrichtung im Jahr 2003 gekürzt wurden, entschloss man sich für einen eigenständigen Verein, so Haas.
Ziel des Vereins – dessen Mitgliedschaft Frauen vorbehalten ist – ist es, Gleichgesinnte jeden Alters an das Arbeiten mit Holz heranzuführen und einen Raum zu bieten, in dem das ohne Vorbehalte möglich ist. Denn man muss nicht Mitglied sein, um in der Werkstatt arbeiten zu können: wer etwas bauen will, kommt einfach vorbei. Für einen obligatorischen Stundentarif von 1,50 Euro stehen alle vorhandenen Werkzeuge zur Verfügung.
„Es hat immer jemand Zeit, ein Auge auf Neulinge zu werfen und ihnen bei Fragen zur Seite zu stehen – dafür sind wir da“, erklärt Gudrun Böttger. „Generell kann alles genutzt werden – nur für die schweren Maschinen braucht man einen Maschinenschein“, gibt die 68-jährige zu bedenken. Wenn man den gemacht habe, stehe auch die Kreissäge zur freien Verfügung, so Böttger. „Aber auch, wer nur schnell was sägen oder bohren muss ist bei uns immer herzlich willkommen“, verspricht sie.
Die Kreissäge steht im Übrigen in einem separaten Maschinenraum, der in die Halle an der Kortlangstraße eigens eingezogen wurde. Nachdem die alte Werkstatt in der Klävemannstraße im vergangenen Jahr geräumt werden musste, fand sich zunächst nur eine Zwischenlösung in Osternburg.
Nun habe man eine langfristige Bleibe gefunden. „Mit den Räumen und dem Vermieter haben wir wahnsinnig Glück gehabt“, freut sich Christa Stock. „Wir hatten die Räumlichkeiten bereits letztes Jahr im Blick, da hat es noch nicht geklappt.“ Dieses Jahr hat man dann Nägel mit Köpfen gemacht und die neue Bleibe bezogen.
Wer sich als Tischlerin ausprobieren möchte, kann dies immer donnerstags ab 10 Uhr tun. Die Räume werden von den Handwerkerinnen auch gerne für Kurse zur Verfügung gestellt, die demnächst auch wieder ehrenamtlich angeboten werden sollen. „Dafür fehlt uns so kurz nach dem Umzug noch die Zeit, aber das kommt in naher Zukunft auch wieder“, versichert Stock. Wer sich über Kurse informieren möchte, oder mit dem Verein in Kontakt treten möchte, besucht die Fliegenden Späne entweder an diesem Sonntag beim Tag der offenen Tür ab 12 Uhr oder im Internet.