Westerstede - „Eine Sekunde Unachtsamkeit kann ausreichen, damit man hier landet“, berichtet Dennis Peter, Assistenzarzt in der Unfallchirurgie am Bundeswehrkrankenhaus in Westerstede. „Wer beim Fahren mit seinem Handy herumspielt oder unter Alkohol- oder Drogeneinfluss fährt, gefährdet sich und andere extrem“, sagt Peter weiter.
Bewusstsein für eigene Handlungen schärfen
Der Oberstabsarzt der Bundeswehr hat das sogenannte P.A.R.T.Y.-Programm organisiert, das am Donnerstag im Klinikzentrum veranstaltet wurde. Bei dem Programm geht es darum, durch gezielte Informationen und Aufklärung Jugendliche zu sensibilisieren. Das Bewusstsein für die Risiken und die Verantwortung für das eigene Handeln sollen so geschärft werden.
Einen Tag lang waren zwei zehnte Klassen des Gymnasiums Westerstede im Klinikzentrum zu Gast und haben erlebt, was es bedeutet, einen schweren Unfall zu haben. Über mehrere Stationen haben sie dabei einen fiktiven Patienten vom Unfallort auf die Intensivstation begleitet.
Selbstversuch mit Brille
Zu Beginn gab es einen Versuch für die Schüler. „Wir sind einen Parcours gelaufen, bei dem wir keins von den aufgestellten Hütchen umwerfen sollten“, berichtet der 15-jährige Felix. Dabei habe er eine Brille getragen, die ein Sichtfeld von 0,8 Promille Blutalkohol simuliert. „Ich habe mich echt unsicher gefühlt und auch Pylonen getroffen“, sagt Felix, nachdem er den Parcours absolviert hat.
Im Schockraum: Nach der Einlieferung im Krankenhaus werden schwer verletzte Patienten (in diesem Fall eine Puppe) hier versorgt.
Sonja ScherrmannGar nicht so einfach die Bewegungen richtig zu koordinieren, wenn alles so aussieht, als hätte man einen Blutalkoholwert von 0,8 Promille.
Wolfgang Alexander MeyerRettungssanitäter versorgen ein Unfallopfer während der behandelnde Arzt eine Intubation vornimmt. Im Notfall laufen viele Schritte parallel ab.
Wolfgang Alexander MeyerDer Tubus sitzt - die manuelle Beatmung beginnt.
Wolfgang Alexander MeyerIst der Patient stabilisiert, wird er für den Transport vorbereitet.
Wolfgang Alexander MeyerIm Schockraum des Krankenhauses wird das Unfallopfer an das medizinische Personal übergeben.
Wolfgang Alexander MeyerDas medizinisches Personal untersucht den Patienten ganz genau, die Schüler sehen dabei zu.
Wolfgang Alexander MeyerAuf der Intensivstation werden schwer verletzte Menschen behandelt und genau beobachtet.
Wolfgang Alexander MeyerDas Bein des fiktiven Patienten musste mit einem Fixateur, einer äußeren Schiene, gerichtet werden.
Wolfgang Alexander MeyerGanz schön anstrengend: eine Reanimation will gelernt sein.
Wolfgang Alexander MeyerJeder Schüler durft versuchen, den fiktiven Patienten am Leben zu halten.
Wolfgang Alexander MeyerSchließlich begleiten die Schüler in Gruppen einen fiktiven Patienten – angefangen beim Rettungsdienst. „Rettungssanitäter und Notärzte versorgen den Patienten, der einen Autounfall hatte, an der Unfallstelle und bereiten ihn auf den Transport in die Klinik vor“, erklärt Peter. „Der 19-Jährige hat einen offenen Beinbruch, ein Schädelhirntrauma, Verletzungen am Brustkorb und ein gebrochenes Becken“, beschreibt er die Situation.
Untersuchung nach festem Schema
Das Ganze wird in der Garage der Einsatzfahrzeuge simuliert. Von dort geht es in den Schockraum der Klinik, in dem die Übergabe des Unfallopfers stattfindet. „Wir untersuchen den Patienten nach einem festen Schema. Dabei werden unter anderem Atmung und Kreislauf gecheckt“, erklärt einer der anwesenden Ärzte. Die Puppe, die vor ihm liegt, bekommt einen Zugang gelegt und wird abgetastet. „Wir müssen sicher sein, dass wir nichts übersehen“, sagt der Arzt weiter. Man kann den Schülern ansehen, dass sie diese Situation alles andere als kalt lässt.
Nächste Station ist die Intensivstation. In einem Bett liegt wieder eine Puppe, die an ein Beatmungssystem angeschlossen ist. „Wir überwachen und versorgen hier schwer verletzte Patienten“, erklärt ein Anästhesist. Normalerweise sei der Patient mit vielen Schläuchen und Messsystemen verbunden. „Die Geräte messen die Körperfunktionen und piepen, so dass es hier eigentlich immer sehr geräuschintensiv ist“, berichtet der Arzt weiter.
Langer Aufenthalt
„Wer einen schweren Unfall hatte und hier landet, bleibt oft für Wochen oder Monate“, berichtet Dennis Peter im abschließenden Gespräch. Noch länger – manchmal mehrere Jahre – könne es dauern, bis man wieder völlig genesen sei. Im schlimmsten Fall bezahle man so einen Unfall mit dem Leben.
Als abschreckendes Beispiel hat Lukas Harms den Besuch empfunden. „Ich dachte, die erzählen uns hier, dass wir nicht so viel trinken sollen“, sagt er. Der Rundgang habe ihn zum Nachdenken gebracht.
Ähnlich sieht es seine Mitschülerin Alina, die das Programm für eine gute Idee hält. „Ich nehme die Thematik jetzt ernster und werde besser aufpassen“, sagt die 16-Jährige.
Lehrerin Sonja Meyer freut sich über das Interesse der Jugendlichen. „Die Schüler sollen sehen, was passieren kann und das weitererzählen, so werden auch Freunde und Eltern sensibilisiert.“