Bremen - Die Bremer Wohnungsgesellschaft Brebau sieht sich mit Vorwürfen der systematischen Diskriminierung von Bewerbern mit Migrationshintergrund konfrontiert. „Wir nehmen das Thema sehr ernst und werden den Sachverhalt mit aller Konsequenz aufklären“, ließ die Geschäftsführung am Donnerstag erklären. Zuvor hatte das Nachrichtenmagazin „buten un binnen“ von Radio Bremen berichtet, dass unter anderem Menschen mit Wurzeln außerhalb Deutschlands von Brebau-Wohnungen ferngehalten werden sollen. Parteien und Verbände reagierten mit Empörung. Mit Verweis auf Zeugenaussagen und interne schriftliche Anweisungen hieß es in dem Bericht, dass die Brebau spezielle Notizen über Wohnungsinteressierte erstellen lasse. Demnach soll von Mitarbeitenden vermerkt werden, ob ein Bewerber oder eine Bewerberin schwarz ist, ein Kopftuch trägt, mit der deutschen Kultur vertraut ist, westlich integriert ist oder wie die Deutschkenntnisse sind. Auch Menschen, die zuvor in sozialen Einrichtungen wie Übergangsheimen für Obdachlose gemeldet waren, sollen dem Bericht zufolge keine Wohnungen angeboten bekommen.
Von der Brebau-Geschäftsführung hieß es, dass ein solches Vorgehen im deutlichen Gegensatz zur unternehmerischen Haltung stehe und Diskriminierung nicht toleriert werde. „Sollten sich die Vorwürfe erhärten, werden wir alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um ein solches Verhalten unmittelbar abzustellen“, teilte Brebau mit. Kurz darauf informierte das Unternehmen über ein Sofortprogramm, das am Donnerstag verabschiedet worden sei. Bei ersten Aufklärungsversuchen stellte die Brebau-Führung fest, dass es „bei der Registrierung von Wohnungsinteressenten zu nicht von der Geschäftsführung autorisierten Prozessen gekommen ist“.
Aus Notizen von Mitarbeitern gehe eine vermeintliche Zielgruppenbeschreibung mit Abkürzungen hervor. „Diese Vorgehensweise haben wir unmittelbar gestoppt“, sagte Geschäftsführer Bernd Botzenhardt. Auch alle notwendigen arbeitsrechtlichen Schritte würden in dem Zusammenhang geprüft. Für die Stadt seien solche Vorwürfe unerträglich, sagte Bremens Finanzsenator Dietmar Strehl, der Brebau-Aufsichtsratsvorsitzender ist. „Wir müssen umgehend lückenlos aufklären, ob es strukturelle, diskriminierende Verfahrensweisen bei der Brebau gibt“, forderte der Grünen-Politiker. In dem Kontrollgremium sitzen auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke).
Die FDP forderte vom rot-grün-roten Senat eine sofortige Erklärung, warum der Aufsichtsrat eine solche Praxis vor dem Hintergrund der Bremer Verfassung und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dulde oder davon keine Kenntnis habe. „Das Versagen von Geschäftsführung und Aufsichtsrat muss Konsequenzen haben“, forderte der baupolitische Sprecher der FDP-Fraktion Bremen, Thore Schäck. Die baupolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Silvia Neumeyer, sieht den Senat als alleiniger Eigentümer der Brebau in der Pflicht, die Vorwürfe rückhaltlos aufzuklären, die diskriminierende Praktik sofort abzustellen und sich bei den Betroffenen zu entschuldigen. Die systematische Ausgrenzung von Bewerbern mit scheinbarem oder tatsächlichem Migrationshintergrund sei „rassistisch, unerträglich und passt nicht zu einer weltoffenen Stadt“, so Neumeyer.
Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Sahhanim Görgü-Philipp forderte eine externe Untersuchung und personelle Konsequenzen für den Fall, dass sich die Vorwürfe bestätigten. „Dass ausgerechnet eine städtische Wohnungsbaugesellschaft offenbar Menschen aufgrund der Hautfarbe, der Herkunft und der religiösen oder sexuellen Orientierung systematisch bei der Wohnungsvergabe ausschließt, ist ein Skandal und völlig inakzeptabel.“
Aus Sicht des Flüchtlingsrates Bremen zeigen die veröffentlichten Dokumente, dass Diskriminierung bei der Brebau eine gezielte, beabsichtigte Firmenpolitik war. Notwendig sei eine Entschädigung für die Betroffenen, die massiv benachteiligt worden seien. Die Stadt Bremen ist alleinige Eigentümerin der Wohnungsbaugesellschaft Brebau, nachdem die Sparkasse 2019 ihren Brebau-Anteil in Höhe von 50 Prozent an die Stadt verkauft hatte. Die Brebau bewirtschaftet nach Unternehmensangaben rund 11 000 eigene und verwaltete Wohnungen in fast allen Bremer Stadtteilen und dem Bremer Umland. Sie zählt 128 Mitarbeiter.