Oldenburg - Mehr und längere Praktika im Studium führen nicht automatisch dazu, dass Hochschulabsolventen besser auf den Arbeitsmarkt vorbereitet sind. Zu diesem Schluss kommt ein Fachgutachten von Prof. Dr. Karsten Speck von der Universität Oldenburg und Wissenschaftlern von der Universität Potsdam. Es hapere vor allem an der Theorie-Praxis-Verzahnung sowie der Einbindung der Praktika in die Lehre. In ihrer Studie weisen die Wissenschaftler aber auch neun Hochschulen als „Good Practice“-Beispiele aus – eine davon ist die Uni Oldenburg.
„Ein Grund dafür ist, dass es hier eine fächerübergreifende Praktikumsordnung gibt“, erläutert Teodora Todorova, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Servicestelle Praktikum an der Fakultät II (Informatik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften) der Uni Oldenburg. Dies ist gemäß dem Fachgutachten nur an einzelnen Hochschulen in Deutschland der Fall. „Die Praktikumsordnung gibt den Rahmen vor, den die Fakultäten nach den Bedürfnissen ihrer Studierenden ausgestalten können“, so Todorova.
Dies habe sehr positive Resonanz bei einer Tagung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), die auch das eingangs erwähnte Gutachten mitfinanziert hat, ausgelöst. Todorova war eingeladen worden, den Oldenburger Ansatz vorzustellen.
Zu diesem zählt auch die Begleitung der Bachelor-Studierenden vor beziehungsweise nach dem Praktikum mit einer speziellen Lehrveranstaltung. „In dieser Blockveranstaltung steht nicht das Fachwissen im Vordergrund, sondern die Selbstreflexion und die Verknüpfung von Universität und Praxis“, sagt Todorova, die diese Veranstaltung für Studierende der Wirtschaftswissenschaften, BWL mit juristischem Schwerpunkt und Nachhaltigkeitsökonomik konzipiert hat. „Ich rede zu Beginn des dreitägigen Workshops etwa eine Stunde. Der Rest sind intensive Übungen – einzeln oder in Gruppen, die ich begleite. Am Ende bitte ich die maximal 20 Teilnehmer um ein Reflexionspapier. Diese zeigen mir, dass alle im Lauf der Veranstaltung festgestellt haben, dass sie sich zuerst mit sich selbst auseinandersetzen müssen; mit ihren Fähigkeiten, Vorlieben, Schwächen. Daran orientiert sich dann wiederum die berufliche Ausrichtung.“
Außerdem stellten die Studierenden fest, dass sie nicht darauf warten dürfen, dass ihnen jemand einen Job präsentiert. „Der Career Service der Universität bietet eine kostenlose Beratung, einen Bewerbungsmappen-Check und jedes Jahr eine Karrieremesse. Das Angebot ist da. Die Studierenden sollten es nutzen“, betont Todorova.
Positiv am Angebot der Oldenburger Uni aufgefallen sei den Fachleuten der HRK auch dessen Flexibilität. „Jeder Bachelor-Studierende an der Uni Oldenburg muss Praxiserfahrung nachweisen“, so Todorova. „Diese kann er in einem oder mehreren Praktika während des Studiums im In- und Ausland erwerben. Aber auch eine Berufsausbildung, ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Ehrenamt, die einen Bezug zum Studium haben, können angerechnet werden. “
Die HRK hat Empfehlungen für die Hochschulen herausgegeben, wie diese ihre Praktika effektiver in die Lehre einbinden können. „Ungefähr 90 Prozent davon haben wir bereits erfüllt“, freut sich Todorova. Andere Aspekte nimmt sie gern auf. „Wir erarbeiten gerade neue Evaluationsbögen für die Lehrveranstaltung zum Praktikum. Diese sollen uns immer eine direkte Rückmeldung der Studierenden liefern. Schließlich sind sie in diesem Fall die Spezialisten.“
Am meisten zu tun sei noch bei der Kommunikation zwischen Unternehmen und Hochschulen, findet Todorova. „Ich würde mich über ein Feedback der Betriebe freuen, in denen unsere Studierenden ihre Praktika absolviert haben. Das würde uns helfen, die Lehre entsprechend zu verbessern.“