Bremen - Wie ist es möglich, Menschen mit unterschiedlichen Sprachen, Erfahrungen und unterschiedlichem Wissen im Gesundheitssystem angemessen zu versorgen? Wie können Wohlfahrtsstaaten, wie zum Beispiel Deutschland, von den Kompetenzen, Kenntnissen und Strategien sozial und kulturell extrem unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen lernen?
„Wir gehen davon aus, dass Gesundheitsversorgung unter den gesellschaftlichen Bedingungen der Globalisierung nicht mehr für alle Menschen ohne weiteres zugänglich ist“, sagt Professorin Michi Knecht vom Institut für Ethnologie und Kulturwissenschaft der Universität Bremen. Insbesondere in sozial und kulturell heterogenen Stadtvierteln würden sich die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Gesundheitsversorgung immer häufiger „zusammenbasteln“.
Nicht krankenversichert
Manche suchen nicht nur Ärzte in Bremen auf, sondern beschaffen sich Informationen und Unterstützung auch informell zum Beispiel in religiösen Gemeinschaften, im Internet oder in ihren Heimatländern. Einige sind nicht krankenversichert. Häufig geht es um Fragen wie: „Wer spricht meine Sprache?“, „Wer versteht meine Situation?“, „Wo fühle ich mich respektvoll und gut behandelt?“
„Welfare-Bricolage“ – Wohlfahrtsbastelei – heißt deshalb ein neues Projekt, das vor kurzem Ethnologen und Gesundheitswissenschaftler der Uni Bremen in den Bremer Stadtteilen Gröpelingen und der Neustadt gestartet haben. „In dem Forschungsprojekt wollen wir all diese Praktiken und Strategien der Bewohnerinnen und Bewohner kennen lernen und besser verstehen“, sagt die Ethnologin Michi Knecht, die das Bremer Vorhaben leitet. Das Projekt mit dem offiziellen Titel „Understanding the Practice and Explaining the Concept of Welfare-Bricolage” (UPWEB) wird in Kooperation mit Professor Hajo Zeeb und Dr. Tilman Brand vom Leibniz Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), durchgeführt.
Einwohner unterstützen
Gefördert wird es drei Jahre lang von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 300 000 Euro im Rahmen des Forschungsprogramms „Welfare State Futures“ des europäischen Forschungsförderungsnetzwerks NORFACE.
In den beiden Stadtteilen führen die Gesundheitswissenschaftlerin Dr. Florence Samkange-Zeeb und der Ethnologe Dr. Martin Gruber die Untersuchungen mit einem Methoden-Mix aus teilnehmender Beobachtung, Kartierungen und Befragungen durch. „Vor Ort unterstützen uns Community Researcher, die wir zuvor für unsere Arbeit in kleinen Workshops ausbilden“, sagt Gruber. Dabei handelt es sich um Bürger aus Gröpelingen und der Neustadt, die den beiden Forschenden als sprachliche und kulturelle Übersetzer zur Seite stehen.