Friesoythe Im Sommer 1977 ging im Fußball im wahrsten Sinne des Wortes die Post ab. Es stand zwar keine WM, oder EM an, doch dem Fußball gehörten die Schlagzeilen. So war der Hamburger SV in aller Munde. Schließlich gaben die Hanseaten die Verpflichtung von Kevin Keegan vom FC Liverpool bekannt. Die Ablöse betrug seinerzeit 2,3 Millionen Mark. Ein Haufen viel Kohle, für einen Spieler, der nach Anfangsschwierigkeiten zu einem Bundesliga-Superstar wurde.
In jenem Sommer erhielt derweil die damalige Fußball-Elf des Bezirksklassen-Meisters Hansa Friesoythe Besuch aus der Weltstadt Hamburg. Es war zwar nicht der HSV zu Gast, aber dafür der Bundesliga-Aufsteiger FC St. Pauli.
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Die von Diethelm Ferner trainierte Millerntor-Elf absolvierte in Friesoythe ein Freundschaftsspiel. Die per Bus angereisten Paulianer waren zwar nicht in Bestbesetzung vorstellig geworden – es fehlte unter anderem der legendäre Walter Frosch, der meistens eine Packung Zigaretten in seinen Stutzen hatte – doch die aufgelaufene Truppe war trotzdem mit bekannten Leuten besetzt.
So waren zum Beispiel Holger Hieronymus und der dänische Nationalspieler Niels-Tune Hansen mit dabei. Auch Rolf-Peter „Buttje“ Rosenfeld war mit dabei. Der FC St. Pauli legte gut los, aber die Friesoyther versuchten dagegen zu halten. „Wir haben ein gutes Spiel gemacht. Zumal man ja auch nicht vergessen darf, dass die Hamburger mehrere Ligen über uns spielten“, erinnerte sich Norbert Berssen, der damals 19 Jahre alt war und für Hansa spielte.
„Friesoythe hatte zu viel Respekt“, titelte die NWZ in ihrer Ausgabe vom 6. Juni 1977 über das Spiel. Der Respekt und die Klasse des Gegners erklärten auch Paulis hohe Pausenführung von 6:0. Für den Erstligisten trafen Hieronymus (11.), Mutapdzija (19, 20., 25.), Oswald (39.) und Neumann (41.).
In der Halbzeitpause schien Hansas Trainer Josef „Coepi“ Gertzen seinen Mannen wohl gesagt zu haben, dass die Paulianer auch nur mit Wasser kochen. „Coepi war ein legerer, lockerer, kumpelhafter Trainertyp. Kein Schleifer. Er hatte eine große Fangemeinde innerhalb der Mannschaft und auch bei den Hansa-Anhängern“, sagte Berssen.
Nach dem Seitenwechsel hatten die Friesoyther keine Manschetten mehr von den Gästen. Hansa suchte sein Heil in der Offensive. Mit Erfolg. Die NWZ berichtete in ihrer damaligen Ausgabe, dass die Friesoyther phasenweise mit vier, fünf Spielern angriffen. In der 49. Minute durften die 2000 Zuschauer, sofern sie Sympathien für Hansa hegten, das erste Mal jubeln. Gerd Kuper verkürzte, ehe er nur drei Minuten später erneut erfolgreich Ergebniskosmetik betrieb. Er hatte einen an Wolfgang Much verursachten Foulelfmeter verwandelt.
Hansa Friesoythe witterte Morgenluft und machte weiter Dampf. In der 59. Minute bediente Much erneut Kuper, der Paulis Keeper Rietzke vernaschte und anschließend den Ball über die Torlinie drückte. Sollten die Friesoyther noch die Wende packen? Der haushohe Favorit hatte dagegen aber etwas einzuwenden. Oswald (66.) und Rosenfeld (78.) erhöhten für ihr Team auf 8:3. Letzterer hatte bei Berssen einen großen Eindruck hinterlassen. Rosenfeld habe ein starkes Spiel gemacht. „Zudem sorgte er für einen Moment, den ich nie vergessen werde. In einer Szene nagelte er den Ball an die Latte, dass es ganz laut krachte“, berichtete Berssen.
Die Partie endete 8:3 für den FC St. Pauli. Anschließend saßen die Spieler beider Clubs bei einem Essen gemeinsam zusammen. Von Arroganz sei bei den Profis keine Spur gewesen, sagt Berssen. „Das waren ganz normale Typen, die ich als sehr bodenständig in Erinnerung habe.“
Für Hansa waren es seinerzeit goldene Zeiten. Die Truppe harmonierte sehr gut, und die Worte Kameradschaft und Teamgeist waren für die Friesoyther Spieler keine leeren Worthülsen. „Das Training am Freitag war ein wichtiger Termin. Wir hatten viele Studenten in der Truppe. Anschließend ging es dann mit alle Mann in die Kultkneipe Onkel Heini“, erinnert sich Berssen.
Schöne Zeiten und ein Zusammenhalt, der bis heute besteht. „Es sind Freundschaften entstanden, die gepflegt werden. Dies zeigt auch, welche positive Kraft der Fußballsport besitzt“, sagt Berssen.