Delmenhorst An die Tage, als über dem Wasserturm am Rathaus und vielen Fabriken in Delmenhorst rote Fahnen wehten, erinnert das Nordwestdeutsche Museum für Industriekultur. In der Sonderausstellung „Delmenhorst und der Erste Weltkrieg“ wird seit Sonntag fast genau 100 Jahre nach der versuchten Revolution im Nordwesten in den Jahren 1918 und 1919 von dieser Zeit berichtet. „Die Erinnerung an diese Tage verblasst oder wird bewusst verfälscht“, stellte Friedrich Hübner, Vorsitzender des Heimatvereins und des Förderkreises Industriemuseum, heraus.
Zur Eröffnung veranschaulichte Sönke Ehmen vom Förderkreis den Besuchern am Sonntag in einem Diavortrag die Ereignisse dieser Tage. Ehmen griff dabei auf Briefe und Tagebucheinträge zweier bekannter Delmenhorster Zeitzeugen zurück. Armine Lahusen, Frau des Fabrikunternehmers Carl Lahusen, und Wilhelm Schroers hatten die Geschehnisse hautnah miterlebt und niedergeschrieben.
„Wir haben den Revolutionären von damals viel zu verdanken und sollten das mehr würdigen. Beispiele sind das Frauenwahlrecht, die Gewerkschaften, der Sozialstaat oder die Acht-Stunden-Woche“, erklärt Ehmen, bevor er detailliert auf den Ablauf der Revolution in Delmenhorst eingeht. Am 8. Januar waren rund 30 bewaffnete Marinesoldaten aus Bremen in die Stadt gekommen, hatten wichtige Gebäude und strategische Punkte besetzt und politische Verantwortliche in Gewahrsam genommen.
Mehr als 5000 Menschen kamen auf dem Rathausplatz zusammen, um den Soldaten Gehör zu schenken – doch der Funke der Revolution konnte nicht gezündet werden. „Die Delmenhorster können ihre Angelegenheiten selber vertreten“, soll es geheißen haben. Nur weil beide Seite danach besonnen gehandelt hätten und sich zurückzogen, sei ein Blutvergießen verhindert worden, sagt Ehmen.
Für die Ausstellung hatte Museumsleiter Dr. Carsten Jöhnk die Stadtarchive und Bibliotheken aus der Region gewälzt und Material von etwa 15 verschiedenen Zeitungen gesammelt und veranschaulicht. Ausgestellt sind zudem Exponate aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, wie das Delmenhorster Nagelwappen, historische Gewehre oder ein alter Reservistenkrug.