Oldenburg Im Sommer 2019 war der Strafprozess gegen den „Todespfleger“ Niels Högel in aller Munde – auch im internationalen Pressespiegel. Der Krankenpfleger Högel hatte in Delmenhorst und am Oldenburger Klinikum Patienten vorsätzlich mit verschiedenen Medikamenten getötet und stand daher in mehreren Strafverfahren seit 2006 vor Gericht. Das Gericht verurteilte ihn wegen 85 Morden zu lebenslanger Haft und stellte die besondere Schwere der Schuld fest, wodurch eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren in der Praxis so gut wie ausgeschlossen wird.
Seit 2014 wurde im Fall „Niels Högel“ intensiv durch die Sonderkommission „Kardio“ ermittelt. Högel gab seinen Patienten heimlich Herzmedikamente in Überdosis, um sie anschließend reanimieren zu können.
Der Fall hat auch eine Debatte darüber angestoßen, wie man die Straftaten hätte verhindern können und ob die Sicherheit in Krankenhäusern weiterhin gewährleistet ist. Durch die Unbegreiflichkeit der Taten stellte sich bei vielen Menschen großes Misstrauen ein. Es ist nicht verwunderlich, dass gerade hier in der Region das Klinikum einen vorübergehenden Vertrauensverlust erleiden musste.
Dies wurde zudem verschärft durch den hohen Personalwechsel und durch die Ermittlungsverfahren gegen die ehemaligen Mitarbeiter von Högel. Spiegelt sich dieser Vertrauensverlust auch in den Gesamtfallzahlen oder den wirtschaftlichen Erlösen des Klinikums wider?
2017 war das Klinikum Oldenburg in die roten Zahlen abgerutscht, das Defizit kletterte bisher auf 17,5 Millionen Euro (Stand Februar 2020). Die alleinige Schuld für diese finanzielle Krise liegt allerdings, nach Angaben des Klinikums nicht nur am Fall Högel. Seit der Fall um den Krankenhausmörder Ende 2017 in den Medien präsent wurde, sei es zwar zu einem „punktuellen“ Rückgang in den Behandlungszahlen gekommen, sagte der damalige Klinikvorstand Dr. Dirk Tenzer in einem NWZ-Gespräch.
Betroffen von diesem Rückgang war demnach vor allem die Herzchirurgie, in der Högel gearbeitet hatte. Dennoch sah Tenzer einen weiteren Grund als viel schwerwiegender für den Rückgang: den Personalmangel. Als Ursache des Defizits wird daher die fehlende Auslastung in mehreren Abteilung genannt. Aufgrund fehlender Pflegekräfte mussten viele Betten gesperrt werden, gab das Klinikum bekannt. Die seit 2017 erzielten roten Zahlen lassen sich demnach nicht in den direkten Zusammenhang mit einem Vertrauensverlust aufgrund der Klinikmorde bringen.