Jever /Osnabrück In klirrender Kälte am späten Abend auf einem Bahnhof ausharren müssen und gereizt, übermüdet und durchgefroren erst fünf Stunden später als geplant zu Hause im warmen Bett liegen: Seine Heimreise mit der Bahn aus Bonn nach Jever hat sich Detlef Pohl ganz anders vorgestellt.
Am Dienstagabend strandete er zusammen mit etwa 50 weiteren Reisenden der Nordwest-Bahn auf dem Hauptbahnhof Osnabrück. Eine technisches Problem am Stellwerk Eversburg zwang den pünktlich um 20.01 Uhr abgefahrenen Zug Richtung Oldenburg und Friesland nach einer Viertelstunde zum Stopp auf freier Strecke – und schließlich zur Rückkehr nach Osnabrück. „Dort erfuhren wir von den Zugbegleitern zwar noch, warum wir wieder umkehren mussten – aber nicht, wann und wie es weitergeht“, sagt Detlef Pohl.
Keine Auskünfte
So standen die Bahnreisenden um 21.30 Uhr wieder in Osnabrück – eigentlich wollte Pohl um diese Zeit schon bald in Jever sein. Doch Informationen gab es nicht, und auch weit und breit keinen Ansprechpartner, der Auskunft hätte geben können. „Die Zugbegleiter haben sich schnell verdünnisiert. Was aus uns wurde, schien niemanden zu interessieren“, empört sich Pohl. Versuche, über eine Kunden-Hotline an Infos zu kommen, schlugen fehl. „Die 24-Stunden-Hotline war nicht zu erreichen.“
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Als es kälter wurde und die Stimmung gereizter, organisierten einige Reisende, die es von Osnabrück nicht allzuweit nach Hause hatten, Hilfe: Sie ließen sich mit dem Auto abholen. Der Rest der Gruppe fror weiter – und wartete.
Zwischendurch hieß es mal, es gehe bald weiter; dann kam vom irgendwem die Info, dass wohl noch ein Zug von Bramsche aus fahren würde – etwa 20 Kilometer von Osnabrück und außerhalb des Streckenabschnitts des defekten Stellwerks. Die Gruppe organisierte sich ein Taxi nach Bramsche. Doch auch dort fuhr um diese Zeit kein Zug mehr nach Irgendwo. „Wir waren inzwischen genervt, halberfroren, frustriert und sauer“, sagt Pohl. „Vor allem darüber, dass von der Nordwest-Bahn nicht zu erfahren war, wie wir nun nach Hause kommen.“
Die Gruppe entschloss sich, ein Sammeltaxi nach Friesland zu nehmen. „550 Euro hat mich das gekostet“, sagt Detlef Pohl. Er hat das Geld für sechs Mitreisende ausgelegt. „Das waren überwiegend Studenten und auch Flüchtlinge mit knappen Budget.“ Nun hofft er, dass er nach all dem Ärger wenigstens seine Auslagen für die Taxifahrt erstattet bekommt. „Und eine Erklärung, warum der Zug ausfiel und die Nordwest-Bahn ihre Reisenden in eiskalter Nacht auf einem Bahnhof stehen lässt.“ Zumal, wie Pohl erfahren hat, so etwas nicht zum ersten Mal vorgekommen ist. „Das Krisenmanagement der Nordwest-Bahn ist unterirdisch“, sagt Pohl.
Frust und Zorn
Den Frust und Zorn der Reisenden kann der Sprecher des Unternehmens, Steffen Högemann, gut nachvollziehen: „Da ist so ziemlich alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte, das darf nicht sein.“ Er bestätigt die technischen Probleme des Stellwerks, die den Zug zur Rückkehr in den Bahnhof gezwungen haben. Für die Strecke sei die DB Netz AG zuständig.
„Um diese Uhrzeit und so kurzfristig und außerplanmäßig noch einen Busersatzverkehr zu organisieren, war leider nicht möglich“, sagt Högemann. Daher sollten die Reisenden mit einem Stadtbus nach Bramsche gebracht werden, von wo aus sie mit dem Zug hätten weiterfahren können. Warum das nicht geklappt hat, müsse nun geprüft werden.
Selbstverständlich haben die Reisenden bei Verspätungen und Zugausfällen Fahrgastrechte, die sie gegenüber der Nordwest-Bahn geltend machen können, so Högemann. Entsprechende Formulare gebe es beim Kundenservice.
Für Detlef Pohl kommt zum Ärger über die unerfreuliche und teure Heimreise nun noch der Ärger mit der Bahn-Bürokratie. Denn laut Nordwest-Bahn stehen jedem Fahrgast nur 80 Euro Schadenersatz zu.