Sande Die Nachricht vom unabwendbaren Aus für den Standort Cäciliengroden der ev. Kirchengemeinde Sande hat die Gemeindeglieder hart getroffen. „Alles geht den Bach runter“, sagte Karlheinz Sap bei der Gemeindeversammlung im voll besetzen Gemeindehaus.
„Kirche geht kaputt“
Der 88-Jährige ist in Cäciliengroden aufgewachsen und seit Jahrzehnten Mitglied der Kirchengemeinde. Nun müsse er erleben, „wie die Kirche durch den Kapitalismus kaputtgeht“. Es gebe immer mehr Egoisten, das Wir-Gefühl bleibe auf der Strecke, so der Ur-Cäciliengrodener. Es sei noch gar nicht lange her, da hab ihm ein Bekannter erklärt: „Ich trete aus der Kirche aus, da kann ich ein paar Euro sparen.“ Da dürfe man sich nicht wundern, wenn irgendwann auch die Kirche geht.
Die Kirche geht zwar nicht heute oder morgen, aber doch in wenigen Jahren. Der Beschluss steht fest. Sande bricht „die Brücke“ nach Cäciliengroden ab. Was aus Gemeindehaus und Christuskirche wird, ist noch offen. Wie berichtet, wird es auch im kirchlichen Leben in Sande zu Einschränkungen kommen.
Gut 200 Gemeindemitglieder, außerdem Vertreter der Landeskirche waren ins Gemeindehaus gekommen, wo Pastor Jörg Zimmermann und Hartmut Siefken vom Gemeindekirchenrat Zahlen, Daten und Fakten zur finanziellen Situation der Kirchengemeinde erläuterten und die Gemeinde anschließend über den Beschluss des Gemeindekirchenrats informierten, der im Lauf der vergangenen zwei Jahre reifte.
Es herrschte Betroffenheit, Bestürzung, etliche waren entsetzt. Nach einer Pause, in der die schlechten Nachrichten sacken und Fragen formuliert werden konnten, überwog die Einsicht in das Unabwendbare. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Von 4500 Mitgliedern ging es runter auf unter 3500 in zehn Jahren. Die Kirchengemeinde schrumpft jährlich um rund 100 Mitglieder, was nicht länger ohne Folgen bleibt.
Schockierte Mitglieder
Schockiert von der Entwicklung sind auch Magda und Herbert Helmerichs. „Man hat einiges befürchtet. Aber dass es so krass wird, damit habe ich nicht gerechnet“, so Herbert Helmerichs. Seit 40 Jahren singen die Eheleute im Kirchenchor. „Das alles geht mir schon sehr nahe“, sagt Herbert Helmerichs.
Die Kirchengemeinde Sande ist im Kirchenkreis die erste, die solch einen drastischen Schritt einleitet und einen Standort aufgeben wird. Bis spätestens 2027 soll es so weit sein. Zimmermann zufolge wird Sande nicht die einzige Gemeinde bleiben: „In vier von fünf Kirchengemeinden ist die Situation ähnlich.“
Kreispfarrer Christian Scheuer sprach davon, dass sämtliche Wilhelmshavener Gemeinden den gleichen Prozess der Konsolidierung durchlaufen. Sande werde sicher kein Einzelfall bleiben.