BOCKHORN /ROFFHAUSEN Wo früher Schreibmaschinen gebaut wurden, sitzen jetzt Leute im Call-Center vor den PC-Bildschirmen. Oder sie bauen für die Flug- und Autoindustrie Werkzeuge.
Von Kai Hippen
Viele Bockhorner hatten einst bei „Olympia" ihr Einkommen gefunden, der früheren Schreibmaschinen-Fabrik in Roffhausen. Herta Troue aus Steinhausen kann sich noch gut erinnern: „Busse fuhren damals quer durchs Land, um die Leute zur Arbeit abzuholen." So fand die Idee des CDU-Gemeindeverbandes, das Gelände zu besichtigen, großes Interesse, und auch die Landtagskandidatin Elisabeth Onken (Neuenburg) ließ die Gelegenheit zum Studium regionaler Wirtschaftsgeschichte nicht ungenutzt.
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„Technologie Centrum Nordwest" (TCN) ist heute das Stichwort, Ina Wiemers von der TCN Marketing GmbH führte die Gäste zunächst in die Geschichte ein. 1903 hatte die AEG eine Schreibmaschinengesellschaft gegründet, der Name „Olympia" ging auf die Olympiade 1936 in Berlin zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg zogen AEG-Angestellte auf das Gelände einer Kriegsmarinewerft in Roffhausen und begannen wieder mit der Produktion von Schreibmaschinen. Zunächst sehr erfolgreich, im Zeichen des Wirtschaftswunders wurde „Olympia" zwischen 1957 und 1970 zum Marktführer der Branche mit bis zu 13 000 Beschäftigten allein in Roffhausen. Wiemers: „In den alten Edgar-Wallace-Filmen wird in den Polizeibüros fast immer auf Olympia-Schreibmaschinen getippt." Viele Gastarbeiter kamen, in den Schulen
wurden Griechisch-Lehrer eingestellt. Aber dann sank die Produktionszeit pro Maschine rapide, der Konkurrenzdruck nahm zu, Rationalisierung wurde zum Tagesgeschäft, der Personal-Computer erschien, die „Olympianer" wurden immer weniger. Die AEG meldete Vergleich an, 1992 kam auch das Aus für das Werk in Roffhausen, in dem zuletzt noch knapp 2500 Leute gearbeitet hatten.
Bereits ein Jahr später die Wende: Das TCN wurde gegründet, heute gehört das Werksgelände größtenteils der DIBAG Industriebau AG, aktuell sind 63 Betriebe mit zusammen
2700 Beschäftigten tätig, fast 60 Prozent der Hallen sind vermietet. Der Schwerpunkt, so Ina Wiemers, liegt in der Telekommunikationsbranche, größte Firma ist das Service-Center von Arvato mit 1200 Mitarbeitern, die NWZ ist gleich am Eingang zu finden, aber es sind auch kleine Existenzgründer dabei. Getragen wird das TCN von zehn Gesellschaftern, darunter dem Landkreis Friesland. Die Bandbreite der TCN-Firmen ist enorm, davon konnten sich die Bockhorner überzeugen. Betriebsleiter Hans-Hermann Schütte führte sie durch die Maschinen-Reihen von AE-Formen- und Werkzeugbau, in denen Druckgießwerkzeuge für Autos wie „Cayenne" und „Phaeton" oder für die Notsauerstoffanlage von Airbus-Flugzeugen hergestellt werden.
Ein ganz anderes Feld wird von Sykes Enterprises bewirtschaftet, hier ist der System-Wechsel von Schreibmaschinen zur PC-Arbeit besonders deutlich. In dem Call-Center können Besitzer von Dell-Notebooks bei Anwendungsproblemen Rat holen, t-online ist vertreten, immer noch die Druckersparte von HP oder Procter & Gamble mit Duracell und Gillette. Ganzer Stolz des Projekt-Managers Björn Adam ist der Video-Chat bei Logitech: Anrufer und Berater können sich per Web-Cam beim Gespräch sehen – wenn sie wollen.
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