STUTTGART Nach dem Schlusspfiff explodierte die Stimmung in der Stadt. Meister-Trainer Veh durfte seine Haare behalten.
Von Alexander Sarter
und Marc Schmidt
Torjäger Mario Gomez küsste schon Sekunden nach dem Abpfiff um 17.18 Uhr als erster heimlich die Meisterschale, Kapitän Fernando Meira reckte die Salatschüssel gen Himmel, und aus den Lautsprechern dröhnte der Guns N’ Roses-Hit „Paradise City“: Dieser Titel wurde in der schwäbischen Metropole bis in den Sonntag hinein zum Programm. Der Gewinn der fünften Fußball-Meisterschaft, den der VfB Stuttgart durch ein 2:1 (1:1) gegen Energie Cottbus am letzten Bundesliga-Spieltag perfekt machte, versetzte die Schwaben in einen kollektiven Freudentaumel.
„Wir haben uns alle den Hintern aufgerissen – vom Zeugwart bis zum Präsidenten“, sagte Teammanager Horst Heldt nach einer sensationellen Saison, die der VfB mit dem Vereinsrekord von acht Siegen in Folge und als Meisterteam mit dem niedrigsten Durchschnittsalter seit dem Triumph der Mönchengladbacher im Jahr 1975 beendete. Mit einem Sieg im DFB-Pokalfinale am kommenden Sonnabend (20 Uhr/ARD) gegen den 1. FC Nürnberg könnte der VfB als Krönung sogar noch das erste Double der Clubgeschichte perfekt machen.
„Wir haben das erreicht, wovon wir immer geträumt haben. Das ist der schönste Tag in meiner Karriere. Wir wurden für unsere Arbeit belohnt“, erklärte der überglückliche Nationalspieler Thomas Hitzlsperger und sprach damit seinen Teamkollegen, die sich nach dem Schlusspfiff auf den scheidenden Nationaltorwart Timo Hildebrand stürzten, aus dem Herzen. Der VfB sorgte in der 44-jährigen Bundesliga-Geschichte für ein Novum: Noch nie stand eine Mannschaft, die als Tabellenletzte in die Saison startete, nach 34 Spieltagen ganz oben.
Als Kapitän Meira um 17.29 Uhr die Schale aus den Händen des Stuttgarter Idols Guido Buchwald erhielt, kannte der Jubel im mit 56 000 Zuschauern ausverkauften Gottlieb-Daimler-Stadion keine Grenzen mehr. Zeitgleich explodierte die Stimmung bei den 50 000 Fans auf dem Schlossplatz. Beim abendlichen Autokorso durch die Stadt wurden die Stuttgarter Helden von geschätzten 250 000 Menschen gefeiert. Für die 5,9 Kilometer vom Stadion bis zum Schlossplatz brauchten die 15 Cabrios dreieinhalb Stunden. „Diese Feier hat sogar noch die Stimmung bei der WM übertroffen“, sagte VfB-Präsident Erwin Staudt. Trotz der Partystimmung hatte Veh schnell klargestellt, dass er sich nicht – wie von den Spielern gefordert – eine Glatze rasieren lassen werde.
Die Auszahlung der 100 000 Euro Meisterschaftsprämie pro Spieler hatten die Stuttgarter, die von der Deutschen Fußball Liga (DFL) als Titelträger vier Millionen Euro aus der Auslandsvermarktung erhalten, Hitzlsperger (27.) und Sami Khedira (63.) zu verdanken. Die beiden VfB-Profis erzielten nach dem Rückstand durch Sergiu Radu (19.) die Treffer und sorgten dafür, dass sich Konkurrent Schalke 04 nur neun Minuten als Meister fühlen durfte.