Hamburg/Florida/Ammerland - Die Autorin Sylvia Lott, gebürtige Ostfriesin, aufgewachsen in Augustfehn (Ammerland) und zur Schule gegangen in Westerstede, ist bekannt für ihre detaillierten Gartenkenntnisse. Die heute in Hamburg lebende Bestseller-Autorin (Die Inselfrauen/Die Fliederinsel) nimmt sich für ihre Romane ausgiebig Zeit für die Recherche. In ihrem Roman „Die Inselgärtnerin“ beschäftigt sich die Hauptfigur intensiv mit Strandpflanzen. Diese herrliche Urlaubsatmosphäre aus Florida möchte man sich am liebsten in den eigenen Garten holen. In Zeiten von Corona wird die Lust dazu noch größer. Ob das möglich ist? Wir fragten bei Sylvia Lott direkt an. Und landeten durch die Antworten der ehemaligen Journalistin wieder in ihrer alten Heimat.
Die Hauptfigur Sonja in deinem Roman „Die Inselgärtnerin“ ist von Beruf Gartenarchitektin? Was hat dich hierzu inspiriert ?
Sie konnte meine Fantasien ausleben und die schönsten Dünengärten anlegen. Eine wichtige Inspiration dafür verdanke ich einem Besuch im „Park der Gärten“ am Zwischenahner Meer, dem Mustergarten Nr. 40 „Fischerman’s Friends“. Da liegt ein verwittertes Holzboot malerisch halb versunken im Muschelkalk inmitten üppig wuchernder Pfefferminz-Pflanzen. Das fand ich sehr stimmungsvoll – und als Idee ausbaufähig.
Sonja alias Sunny möchte auf Dolphin Island so schöne wie umweltfreundliche Dünengärten anlegen. Was zeichnet Dünengärten aus ?
Es kommt darauf an, was man daraus macht. Sie können rein vom Ästhetischen her sehr modern, geradezu avantgardistisch wirken – Weltklasse-Landschaftsarchitekten machen daraus eine Kunst. Oder sie wirken romantisch und bringen ein Urlaubsgefühl nach Hause. Sie können aus der Not eine Tugend machen, wenn sonst nichts in einem sandigen Garten wächst.
Was bestimmt den umweltfreundlichen Charakter von Dünengärten ?
Sie sind da umweltfreundlich, wo sie vom Klima und vom Boden her hinpassen.
In Florida gibt es 17 verschiedene Vegetationszonen. Darauf wurde aber lange keine Rücksicht genommen. Was da allein durch Rasensprenger, die morgens automatisch loslegen, an Wasser verbraucht wird! Gärten mit Pflanzen, die dort eigentlich nicht zuhause sind, brauchen viel mehr Pflege, müssen nicht nur öfter gewässert werden, sondern erfordern einen höheren Einsatz von umweltschädlichen Mitteln gegen Unkraut, Ungeziefer, Pilze. Manche ortsfremden invasiven Pflanzen überwuchern auch heimische Gewächse.
Dünengarten kann also bedeuten: weniger Dünger, weniger Umweltgift, weniger Arbeit, wassersparend. Mehr Wohlfühlumgebung für heimische Insekten und andere Tiere. Auch weniger Gärten des Grauens, weniger „pflegeleicht“ zugepflasterte Flächen. Wie wir beim letzten großen Hurrikan „Irma“ in Florida gesehen haben, sind Überschwemmungen die größere Gefahr als der Orkan selbst. In naturnahen Gärten kann das Wasser besser abfließen als von zubetonierten Flächen.
Dünenpflanzen erfüllen auch eine wichtige Aufgabe: Sie halten den Sand fest und schützen das Hinterland, wir kennen das von unseren ostfriesischen Inseln.
Woher hattest du die detaillierten Kenntnisse über diese speziellen Pflanzen ?
Viel Recherche. Auf Florida bezogen – ich war dreimal dort. Im Internet gibt es den „Atlas of Florida Plants“, mit Beschreibungen und Fotos von fast 5000 „eingeborenen“ Pflanzen, ins Netz gestellt vom Botanischen Institut der University of South Florida. Mit genauer regionaler Angabe der Vegetationszonen. Die Seite ist fantastisch!
Es gibt außerdem in Florida eine Reihe von Gärtnereien, die sich auf dort wirklich heimische Pflanzen spezialisiert haben.
Für Gärtner und Hausbesitzer gibt es eine „Pflanze-das-wahre-Florida“-Kampagne
Welche Pflanzen für den Dünengarten haben es dir besonders angetan? ?
In Florida vor allem die Seetraubenbäume. In unseren Gefilden die Dünenrose und die Inselrose, schon allein wegen des Duftes, aber auch, weil sie von Juni bis September auf trockenem, magerem Boden und in windigen Ecken blühen. Außerdem mag ich Gruppen von Lampenputzer-Gras, Strandhafer und Strandroggen, den lila Strandflieder und Krähenbeeren. Ebenso wichtig wie die Pflanzen selbst finde ich deren Anordnung und die passenden maritimen Deko-Elemente wie Treibholz, Amphoren, Tau, Segel (nicht zu viel!).
Ist Florida Botanik aufgrund des Klimawandels auch bei uns umsetzbar? Es werden ja immer mehr trockenresistente Pflanzen empfohlen… ?
Das klingt einleuchtend. Aber ich bin nur eine Schreibtischtäterin. In erster Linie ist der Roman eine heitere Liebesgeschichte mit Urlaubsflair – eine Ammerländer Gartenarchitektin verschlägt es auf das fiktive Dolphin Island. Vorbild für die Insel war das echte Sanibel Island im Gold von Mexiko. Die beschriebenen Pflanzen und Dünengärten habe ich also immer der Vegetationszone von Sanibel angepasst. Ob man die so einfach übernehmen kann, weiß ich nicht. Da sollte man vorher mit dem Gärtner seines Vertrauens sprechen.
Gab es hinsichtlich der Dünengärten und ihren Pflanzen Leserstimmen oder Reaktionen aus der Gartenfachwelt ?
Etliche Leserinnen haben mir mitgeteilt, dass sie dadurch auf Ideen für ihren eigenen Garten gekommen sind. Eine Reaktion hat mich besonders berührt. Heidi Poplawski aus Westerstede schrieb mir 2018, dass sie durch den Roman ihren Mann und sich beschrieben fühlte. Ich darf das hier mit ihrem Einverständnis zitieren: „Wir haben 2011 die Marke Strandgrün entwickelt und produzieren in unserer Baumschule seither ein Pflanzensortiment, um das Gefühl der Urlaubserinnerungen beim Kunden zu erreichen mit den hier typisch wachsenden Pflanzen. Im Dezember ist mein Mann verstorben und ich habe den Baumschulbetrieb mittlerweile an unseren Betriebsleiter übergeben. Umso mehr hat es mich gefreut, Ihre Worte zu lesen und ich habe das Gefühl, sein Erbe wird auch durch Ihr Buch ein Stück weit erhalten. Hierfür danke ich Ihnen von Herzen.“ Es begann ein E-mail-Wechsel, Frau Poplawski fragte mich irgendwann, ob ich nicht mal eine Lesung für die Familientrauergruppe Sturmlicht halten wollte. Daraus wurde eine ausverkaufte Benefizlesung zugunsten der Trauergruppe des Palliativstützpunkts Ammerland & Uplengen in der Westersteder Stadtbücherei. An diesem Abend herrschte eine unglaublich herzliche Atmosphäre.
Kanntest du die Marke Strandgrün vorher ?
Ja! Das war irre. Als ich ganz am Anfang stand und noch überlegte, was schreib ich denn mal als nächstes, hab ich versucht, das Thema nach dem Lustprinzip einzukreisen. Ich ahnte schon ein wenig, dass es in Florida spielen sollte. Was macht mir Spaß? Womit würde ich mich denn gern ein ganzes Jahr meines Lebens beschäftigen? Ich gab bei Google einfach die Stichworte „Strand“ und „Garten“ ein. Und landete bei „Strandgrün“ – noch eine wichtige Inspirationsquelle. Und ausgerechnet wieder eine Baumschule aus meiner alten Heimat. Als der Roman fertig war, wollte ich die Firma informieren. Doch dann hörte ich, dass der Mann gerade gestorben sei. Da dachte ich, die Familie hat jetzt andere Sorgen und habe davon Abstand genommen.
Dann übrigens schrieb Heidi Poplawski mir auch, dass sie und ihr Mann im Frühjahr 2016 meinen ersten Roman „Die Rose von Darjeeling“ parallel gelesen hatten – sie im Ammerland und er auf seiner Reise durch Sikkim. Sie schrieb: „Ich hatte zu dem Zeitpunkt das Gefühl, zum Teil mit ihm zu reisen und er hat mir oft die klaren Parallelen bestätigt.“ – Das sind so Sternstunden des Autorendaseins.
Hast du zum Schluss noch eine Liste der Strand-/Dünenpflanzen ?
Dazu empfehle ich die Website von „Strandgrün“ mit küstentypischen Pflanzen:
Und die Seiten der „Fischerman’s Friends“-Garten-Schöpfer: Bioland-Gärtnerei Herb’s und „zeitlos grün“ in Dötlingen: