Oldenburg - Seit einigen Jahren sieht man sie überall: Schottergärten. Der vermeintlich pflegeleichte Trend ist aber alles andere als eine gute Lösung für hiesige Vorgärten. Denn nicht nur die zusätzlich versiegelte Fläche ist problematisch. Der Buchautor der „Gärten des Grauens“, Garten-Satiriker und Diplom-Biologe Ulf Soltau, weiß mehr über die Nachteile einer solchen Schotterwüste.
Oft werden auch noch nicht heimische Pflanzen in den Schottergärten gepflanzt. Die nutzen dem hiesigen Ökosystem überhaupt nicht.
Was ist das Problem an Schottergärten ?
Es gibt drei primäre Probleme mit den Schottergärten. Zu einen ist das der negative ökologische Einfluss dieser Schotterwüsten, also der damit verbundene Artenschwund. Wir haben ein Insektensterben. Die „Krefelder Studie“ hat uns gezeigt, dass wir seit 25 Jahren über 75 Prozent unserer Insektenmasse verloren haben – fliegende Insekten in Naturschutzgebieten, das muss man noch dazu sagen. Außerhalb sieht es also möglicherweise noch viel schlimmer aus. Die Landwirtschaft trägt natürlich zum großen Teil zu diesem Problem bei, umso höher steigt daher der Wert eines Privatgartens. Dieser fungiert dann sozusagen als ökologische Ausgleichsfläche. Denn die Gesamtheit aller Gärten in Deutschland ist größer als sämtliche Naturschutzgebiete des Landes zusammengefasst.
Zum anderen haben diese Schotterflächen mikroklimatische Einflüsse. Das heißt, wir werden immer heißere Sommer bekommen. Die „Tagesschau“ hat vor einem halben Jahr vermeldet, dass Deutschland bei den Hitzetoten über 65 Jahren an dritter Stelle steht – nach China und Indien. Mit anderen Worten: Auch wir sind vom Klimawandel deutlich betroffen. Besonders im kommunalen Raum, wo eh schon große Flächenversiegelungen existieren, ist das durch den Wärmeinseleffekt problematisch. Noch kritischer wird es, wenn sich dann Flächen, die eigentlich bepflanzt sein sollten und somit eine gewisse Transpirationskühle liefern würden, auch mit aufheizen. So provoziert man ein noch heißeres Mikroklima: Der Schotter erwärmt sich in der sommerlichen Sonneneinstrahlung gut und gerne auf 60 bis 70 Grad. Diese Wärme strahlt er nachts wieder ab – es findet quasi gar keine Abkühlung mehr statt.
Das dritte Problem ist aus meiner Sicht der Schwund beziehungsweise der Verlust der Natur für die kommende Generation. Denn junge Menschen brauchen einen Zugang zu einem natürlichen Umfeld, um überhaupt lernen zu können, was Natur bedeutet und was es zu schützen gilt. Studien belegen, dass Kinder, die in einem Umfeld mit wenig Grün aufwachsen, später vermehrt psychisch auffällig sind. Und das sollten wir sehr ernst nehmen.
Wie unterscheidet sich ein Schottergarten von einem Steingarten ?
In erster Linie kommt der Steingarten ohne Unkrautvlies aus. Er arbeitet mit einem abgemagerten Untergrund, auf dem bestimmte Pflanzenarten wachsen. Durch den kargen Boden hat man zum Beispiel kaum Unkräuter. Ein Steingarten ist oft staudenreich und hat somit für Insekten viel zu bieten.
Welche pflegeleichten Alternativen zum Schottergarten gibt es ?
Die pflegeleichteste Variante ist es, die Natur einfach mal machen zu lassen. Man kann sie unterstützen, indem man bestimmte Strukturen schafft. Aber alles Weitere macht sie in der Regel von ganz allein. Ansonsten können Schottergärtner einfach das Unkrautvlies weglassen. Den Menschen müsste einfach gezeigt werden, wie schön gelenkte Natur sein kann – man muss ja nicht den reinsten Wildwuchs im Garten haben.
Was passiert, wenn man einen Schottergarten loswerden will ?
Den Schotter dann komplett zu entsorgen, kann relativ teuer werden, denn er gilt als Baumischabfall. Als Erstes würde ich dazu raten, das Unkrautvlies darunter zu entfernen. Dann kann man mit der Renaturierung beginnen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man kann beispielsweise den Schottergarten in einen Steingarten verwandeln.
Schottergärten sind alles andere als pflegeleicht. Spätestens nach ein paar Jahren bilden sich Unkräuter zwischen den Steinen, und der Pflegeaufwand ist enorm.