Goldenstedt Vermutet hatte er es schon länger. Im Rahmen eines Hausbesuches konnte Dr. Florian Kossen sich in einer Arbeiterunterkunft in Ellenstedt nun selbst ein Bild von den dortigen Verhältnissen machen „…und es übertraf meine schlimmsten Befürchtungen bei weitem“, so Kossen. „In den viel zu kleinen, schlecht belüfteten Zimmern sieht man ausgeprägte Schimmelbeläge an den Wänden, direkt neben den als Betten dienenden Pritschen. Das erklärt Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren mit Patienten gemacht habe, die hier untergebracht sind. Patienten, auch oft minderjährige Kinder und Kinder im Kleinkind- und Säuglingsalter, die an deutlich prolongierten und gehäuften Infekten der Atemwege leiden, welche oft mit herkömmlichen Therapien schwer in den Griff zu bekommen sind.“ Aufgrund einer Interview-Aussage des Mediziners hatte Goldenstedts ehemaliger Bürgermeister Willibald Meyer in der vergangenen Woche schriftlich Kontakt aufgenommen mit Dr. Kossen, um ihm mitzuteilen, dass die Gemeinde Goldenstedt um die Problematik der Arbeiterunterkunft in Ellenstedt wisse.
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Mehrere Initiativen, etwas zu verbessern, seien jedoch erfolglos gewesen. Nach einem Besitzerwechsel hätte man aber schon für bessere Wohnbedingungen gesorgt. Der Vermieter sei täglich vor Ort und habe ein offenes Ohr für die Probleme der Bewohner. „Wenn Meyer von verbesserten Wohnverhältnissen spricht, ist eine solche Aussage an Ignoranz nicht zu übertreffen“, sagt Kossen. Sein Bruder Peter ergänzt: „Hier wohnen Menschen, die tagtäglich bei der Arbeit ihre Gesundheit ruinieren im Dienste der Profitgier der Fleischindustrie. Kommen sie nun in ihre Unterkünfte, sollte ihnen dort eigentlich die Möglichkeit zur Regeneration und Erholung gegeben werden. Stattdessen ist durch die Wohnverhältnisse eine weitere Gesundheitsgefährdung sicher“. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – Die Kossen-Brüder beziehen sich auf den ersten Satz des Grundgesetzes und fragen: „Welchen Wert hat diese Aussage, wenn mitten unter uns Arbeitsmigranten und ihre Familien in Ghettos und Bruchbuden ein Leben am Rande als Bürger „zweiter Klasse“ führen müssen und dafür noch mit Wuchermieten abgezockt werden?“ Die Brüder fordern ein Ende von Arbeitsausbeutung und Abzocke. „Wer die unverzichtbare Arbeitskraft der EU-Bürger nutzt, hat auch eine Verantwortung für ihre Unversehrtheit und Integration. Menschenwürdige Wohnungen zu bezahlbaren Preisen sind das Mindeste, was Unternehmen und Gesellschaft diesen Menschen schulden.“ Und sie fügen hinzu: „Dass ein ehemaliger Bürgermeister sich nicht schämt, diese skandalösen Zustände schönzureden, ist für uns nicht nachvollziehbar!“