HOOKSIEL - Im Alarmfall geht alles ganz schnell. Die Motoren werden gestartet, Kabelverbindungen und Leinen gelöst. „Binnen weniger Minuten können wir auslaufen“, sagt Ole Mammen.
Der 61-jährige Kapitän ist Vormann des Rettungskreuzers „Vormann Steffens“ der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Das 1989 gebaute Schiff der 27-Meter-Klasse hat seinen Liegeplatz im Außenhafen von Hooksiel (Friesland). Von dort aus operiert es im Verbund mit den weiteren Einsatzschiffen der DGzRS sowie in Kooperation mit anderen Rettungsstellen wie der ADAC-Luftrettung oder der Bundeswehr in der gesamten Deutschen Bucht.
Bei der Alarmierung setzt die DGzRS auf moderne Funkund Ortungssysteme. Im Notfall laufen die Informationen in der Bremer Seenotleitung zusammen. Von dort wird auch die „Vormann Steffens“ in Gang gesetzt.
Erreicht die Mannschaft auf anderem Weg ein Notruf, muss der Vormann aber nicht erst auf grünes Licht aus Bremen warten. „Die Entscheidung liegt dann bei mir“, erklärt Ole Mammen. Auf der Fahrt zum Einsatzort bleibe noch genug Zeit, um die Zentrale über die Notlage zu informieren und gegebenenfalls weitere Hilfe anzufordern.
Gerade jetzt im Sommer sind es vor allem Freizeitskipper, Wattwanderer, Surfer und Schwimmer, die in Not geraten. „Da kann es passieren, dass ein Hilferuf vom benachbarten Badestrand kommt“, erzählt Mammen.
Das kleine Tochterboot „Adele“, das vom Heck des Kreuzers zu Wasser gelassen werden kann, macht die Besatzung bei Rettungsmanövern flexibler. „Im Watt geht es bei Niedrigwasser zur Not auch zu Fuß weiter“, berichtet der Vormann. So machte sich kürzlich nach der Notlandung eines Kleinflugzeugs auf einer Sandbank im Watt zwischen Harle und Wangerooge ein Besatzungsmitglied des auf Wangerooge stationierten Rettungsbootes „Wilma Sikorski“ zu Fuß auf den Weg zur Unglücksstelle, weil das Boot bei Niedrigwasser nicht weiter kam. Die Insassen des Flugzeugs wurden dann allerdings vom ADAC-Rettungshubschrauber „Christoph 26“ geborgen, der auf der Sandbank landen konnte.
Um ständig einsatzbereit zu sein, ist die „Vormann Steffens“ rund um die Uhr besetzt. Neben Mammen schieben in dieser Schicht die Maschinisten Gerd Eilers und Andreas Knoll sowie der dritte Vormann Karl-Heinz Bittner Dienst. 14 Tage dauert die Schicht, dann wird die Mannschaft abgelöst. An Bord gibt es Kojen und eine Kombüse. Die Besatzungsmitglieder versorgen sich selbst.
Mammen ist seit 1985 Vormann auf Rettungskreuzern. Zuvor steuerte er große Tanker- und Containerschiffe über die Weltmeere. Zur DGzRS kam er eher durch Zufall, berichtet er. Der Einsatz an Bord eines Rettungskreuzers sei nicht vergleichbar mit dem Job auf der Brücke eines großes Frachtschiffes.
Dass die Arbeit als Seenotretter keine gewöhnliche ist, versteht sich von selbst. Bei mehr als 2000 Einsatzfahrten haben die Besatzungen der DGzRS-Flotte im vorigen Jahr 124 Menschen aus Seenot geborgen und weitere 799 Personen aus kritischer Gefahr befreit. „Jeder Notfall ist dabei anders“, berichtet Mammen – und keiner an Bord wisse, was einen beim nächsten Alarm erwarte.
61 Seenotkreuzer und rettungsBoote