Holtriem - Eigentlich wollte Jennifer zum 1. August ihre Ausbildung beginnen und endlich ihr eigenes Geld verdienen. Für den Umzug in die 70 Kilometer entfernte Stadt hatte ihre Mutter sogar einen Kredit aufgenommen, damit die 19-Jährige ihren Traumjob hätte erlernen können. Doch dann kam Corona, und Jennifer steht derzeit vor dem Nichts: Ausbildungsvertrag geplatzt, zurück zu Mama nach Holtriem, Leben von Hartz IV, denn alle Bemühungen, doch noch eine Ausbildung beginnen zu können, sind bisher fehl geschlagen.
Jennifer (der Name wurde von der Redaktion geändert) ist kein Einzelfall, denn Corona hat einiges durcheinander gewirbelt. Mehrere jungen Menschen stehen jetzt ohne Lehrstelle da, weil sich Firmen Azubis nicht mehr leisten können beziehungsweise wollen, obwohl jedes Ausbildungsverhältnis laut Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg (IHK) auch gefördert werden kann. Und mehr noch, wie Anne Burowski von der IHK in Emden versichert: Im Moment sei die Lehrstellen-Situation recht gut, es gäbe noch freie Stellen. Durch Corona hätten sich die Bewerbungsprozesse verschoben, aber ohnehin könne eine Ausbildung zu jedem Zeitpunkt begonnen werden. Bei der Suche gelte es daher, am Ball zu bleiben.
FSJ als Alternative
Und wenn der Traumberuf aktuell nicht zu verwirklichen sei, so solle man über artverwandte Jobs nachdenken, empfiehlt Anne Burowski. Alternativ böte sich zwar auch ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) an, doch eine Ausbildung müsse nach Ansicht der IHK-Mitarbeiterin immer das oberste Ziel sein.
Mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr kann sich Jennifer nicht so recht anfreunden. Ihren Traumberuf sucht sie im Bereich Verkauf, am besten in Verbindung mit Autos. Das würde ihr liegen, sagt eine gut aussehende junge Frau, die nach ihrem erweiterten Hauptschulabschluss weiter an den Berufsbildenden Schulen in Wittmund (Wirtschaft) gebüffelt hat. Und Praktika-Erfahrung bringt die motorisierte Tierliebhaberin auch mit.
Aufgeben ist keine Option
Ihr Traumjob schien in Großstadt zum Greifen nah zu sein, doch dann kam Corona, und eineinhalb Wochen vor Ende der Probezeit wurde ihr mitgeteilt, dass sie nicht übernommen würde. Sie sei ja die letzte Perle in der Kette, hieß es.
Weil sich Jennifer und ihre Mutter in der Stadt bessere Chancen auf einen neuen Ausbildungsplatz ausrechneten, sollte die Freizeitreiterin zunächst dort bleiben und absolvierte zudem eine Maßnahme der Agentur für Arbeit.
Das Geld, aber auch die Aussicht auf einen Ausbildungsplatz in der Immobilienbranche trieben die selbstbewusste 19-Jährige schließlich wieder nach Hause. Doch auch dieser Traum zerplatzte. Jetzt lebt Jennifer von Hartz IV, bekommt aber nicht den vollen Satz, da sie bei ihrer Mutter lebt. Die ist gleich auf zwei Arbeitsstellen unterwegs und weiß die Unterstützung der Tochter zu Hause durchaus zu schätzen. Doch weitaus wichtiger ist ihr deren berufliche Zukunft, für die sie sich vehement einsetzt. Und daher ist für die Tochter aufgeben auch keine Option. Sie schreibt weiter Bewerbungen, darf sich auch hier und da vorstellen und macht dabei die Erfahrung, dass es trotz offiziell genügend vorhandener Lehrstellen alles andere als einfach ist, am Ende einen Ausbildungsvertrag in Händen zu halten, der dann auch erfüllt wird.