Autsch, das hat weh getan. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist die Besetzung der neuen EU-Kommission eine herbe Enttäuschung. Man könnte auch sagen: eine Klatsche. Der mächtigste Mitgliedsstaat und größte Nettozahler der Gemeinschaft bekommt keinen der einflussreichen Vizepräsidentenposten ab; die Wirtschaftspolitik wird von einem bekennenden Gegner der deutschen Sparpolitik koordiniert; für die Finanzmärkte ist ein europaskeptischer Brite zuständig – und der deutsche Kommissar Günther Oettinger hat künftig einen Chef aus Estland. Eine Berliner Handschrift ist da beim besten Willen nicht zu erkennen.
Andererseits: Hatte der Luxemburger wirklich eine andere Wahl? Ein deutscher Superkommissar, gar mit Zuständigkeit für Wirtschaft und Binnenmarkt, wie von Merkel gefordert, hätte zu massivem Widerstand vor allem in den südlichen EU-Ländern geführt, die sich von Deutschlands striktem Sparkurs seit Langem geknechtet fühlen. Zudem hätte es dann auch Vizepräsidentenposten für Frankreich und Großbritannien geben müssen, die anderen EU-Schwergewichte. Die Folge: ewige Querelen, womöglich eine Dauerblockade der Kommission, weil die drei Großen höchst unterschiedliche Vorstellungen von Europa haben.
Junckers wichtigste Aufgabe ist es, die auseinanderstrebende Union wieder zu einen, auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören. Deshalb ist die neue Kommission in erster Linie ein Klebstoff-Kabinett, das die Interessen möglichst vieler Nationen berücksichtigt und alle politischen Strömungen austariert – ob dieses Gebilde am Ende auch handlungsfähig sein wird, ist eine andere Frage.
Deutschland wird in Zukunft mehr aus der zweiten Reihe führen müssen. Am Ende aber wird auch die neue Kommission an einer Erkenntnis nicht vorbeikommen: Wer die Musik bezahlt, bestimmt auch, was gespielt wird.
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