Cloppenburg - Mucksmäuschenstill war es im Saal der Katholischen Akademie Stapelfeld. Gebannt lauschten die 250 Zuhörer der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens über den hartherzigen und geizigen Ebenezer Scrooge und waren am Ende von einer ungewöhnlichen Lesung begeistert.
Am Montagabend war das „Theater ex libris“ in Stapelfeld zu Gast. Zum Ensemble gehört neben Christoph Tiemann, Urs von Wulfen, Markus von Hagen, Sarah Giese und Musiker Philip Ritter auch Alexander Rolfes, der als Dozent an der Akademie tätig ist. „Wir spielen Theater aus Büchern, und daher findet die Geschichte ausschließlich in den Köpfen statt“, erklärte Tiemann. Er versprach den Zuhörern eine spannende und aktive Form des Geschichtenerzählens – und er hielt Wort. Die fünf Sprecher und eine Sprecherin schlüpften mit ihren Stimmen, ihrer Gestik und Mimik in mehr als 20 verschiedene Rollen und hauchten ihnen Leben ein. Für die passende Stimmung sorgte Philipp Ritter mit Musik und Klängen am Keyboard. Stilecht war das Ensemble im Gehrock mit Zylinder oder Bowler bzw. im geschnürten Biedermeierkleid erschienen und unter dem Applaus des Publikums auf die Bühne geschritten.
Die Geschichte aus dem Jahr 1843 spielt im winterlichen London, wo der hartherzige und lieblose Ebenezer Scrooge seinen Mitmenschen und vor allem seinem Angestellten Cratchit das Leben schwermacht. Gerade einmal das Nötigste zum Leben hat die Familie, die aber dennoch ein Fest voller Wärme und Liebe feiert. Weihnachten ist dem reichen, aber verbitterten Geldverleiher Scrooge, der von der Not seiner Mitmenschen lebt, ein Graus. Nicht einmal das Wort kommt ihm über seine verhärmten Lippen.
In der Weihnachtsnacht wird Scrooge von den Schatten seiner Vergangenheit eingeholt. In der Nacht erscheinen die drei Geister der vergangenen, der heutigen und der zukünftigen Weihnacht. Scrooge erlebt voller Grausen, welches Leid er seinen Mitmenschen zufügt und wie sehr er von den Menschen gehasst und verachtet wird.
Mit leisem Stöhnen, Ächzen und Kettenrasseln sowie stimmlicher Virtuosität führte das Ensemble die Fantasie der Zuhörer hinein in die Geschichte und ließ die einzelnen Figuren lebendig werden. Fasziniert lauschten sie den Ensemblemitgliedern, die mühelos in den Rollen hin und her sprangen und nur mit ihren Stimmen sowohl fröhliche Kinder bei einer Schneeballschlacht als auch die skrupellosen Leichenfledderer verkörpern, die dem verstorbenen Scrooge die Leichenwäsche stehlen.
Unterstützt wurde die Geschichte mit Bildern von Christoph Tiemann. Die verfremdeten Fotografien, die zum Teil in London entstanden sind, unterstrichen in perfekter Form die Stimmung der jeweiligen Szene, ohne dem Zuhörer zu viel zu verraten – denn die Geschichte spielt in der eigenen Fantasie.