Hude - In den Wirren der Reformation war das Kloster Hude mit der Eroberung der Burg Delmenhorst 1482 unter die Herrschaft des Bistums Münster geraten. Franz von Waldeck, Bischof von Münster, ließ das Kloster in den Jahren 1533 bis 1536 besetzen, ausräumen und zerstören. Die letzten Mönche wurden mit Renten abgefunden, heißt es.
Und diese Mönche waren am Niedergang des Klosters wohl auch mit Schuld, denn schließlich hatten sie mehr als unsittlich gelebt. Das zumindest behauptet ein Zeuge, der sich fast 500 Jahre später zu Wort meldet: Hermann von Langen, der im 16. Jahrhundert sogenannter „Rentmeister“ (Finanzverwalter) von Delmenhorst war.
Die Mönche in Hude hätten plötzlich ihre Frauen aus der Marsch geholt, viele Kinder seien größer als ihre Väter gewesen. Die Klosterkirche sei nach Fortgang der letzten Mönche, die sich das Kloster hätten abkaufen lassen, zu einem Gebäude geworden, das niemand gebraucht habe.
In die Rolle des „Zeugen“ schlüpfte auf der Jahreshauptversammlung der Freunde des Klosters Hude Volker Erdmann. Und Zeugen des Rechtsstreits zwischen Oldenburg und Münster vor dem damaligen Reichskammergericht gab es viele. 274 waren es.
Woher weiß man das so genau? Die meisten Akten gibt es noch, wie der Huder Anwalt Dr. Marcus Rolfes in seinem Vortrag „Zwischen Frieden und Fehde – das Kloster Hude in den juristischen Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts“ erzählte.
Rolfes hat sich die Mühe gemacht, tief einzutauchen in die juristischen Auseinandersetzungen der damaligen Zeit, als der „Sachsenspiegel“ ein wichtiges Rechtsbuch war.
Im Prozess Münster gegen Oldenburg und umgekehrt um die Herrschaft Delmenhorst (und des Klosters Hude) wollten weder Kaiser noch Reichshofrat für eine Seite endgültig Partei ergreifen, weshalb das Verfahren Ende 1548 an das Reichskammergericht zur Entscheidung überwiesen wurde. Aber auch das Reichskammergericht traf über 120 Jahre (!) lang keine Entscheidung. Vielmehr wurde die Frage, wem die Herrschaft Delmenhorst und mit ihr das Kloster zustand (Oldenburg, Münster oder Bremen) jahrzehntelang ausführlichst verhandelt, wusste Rolfes zu berichten. Tausende Seiten umfassen laut Rolfes die Prozessakten, die glücklicherweise im Landesarchiv erhalten sind. Über 400 Urkunden wurden vorgelegt, die sich vor allem auf die Geschichte des Klosters Hude beziehen und daher eine wichtige Geschichtsquelle darstellen. Der Aktenstapel im Landesarchiv sei wohl 1,20 Meter hoch, wie Rolfes berichtete.
Das Ganze ist sehr komplex. Um es ein bisschen unterhaltsamer darzustellen, schlüpfte Rolfes’ Schwiegervater beim Vortrag in der Klosterschänke in die Rolle des „Zeugen“, der natürlich nur seine subjektive Sicht der Dinge schilderte. Im Sinne seines damaligen Landesherrn betonte Hermann von Langen, dass das Kloster nicht zerstört, sondern systematisch abgebaut worden sei, um die 1538 entstandenen Kriegsschäden im Bistum Münster zu kompensieren. Wesentliche Gebäude, die es auch heute noch gebe, wie die Torkapelle, seien jedoch erhalten geblieben.
„Am Ende blieb das Kloster Hude Bestandteil der Herrschaft Delmenhorst und wurde nicht wieder eingesetzt und aufgebaut. Glücklicherweise sind aber einmalige Baudenkmäler dieses Klosters erhalten – nicht zuletzt dank der Familie von Witzleben, in deren Besitz die Klostergebäude seit 1687 stehen und dank des Klostervereins in neuerer Zeit“, sagte Referent Marcus Rolfes.
Leider war die Lautsprecheranlage beim Vortrag nicht optimal eingestellt, so dass einige Zuhörer gerade auch die Ausführungen des „Zeugen“ schwer verfolgen konnten. Man werde den Vortrag noch einmal mit besserer Technik wiederholen, vielleicht zum Tag des Denkmals, sagte Klaus Rademacher, Vorsitzender der Klosterfreunde.
Außerdem soll der Vortrag in der Festschrift zum 40-jährigen Bestehen der Klosterfreunde abgedruckt werden. Die Jubiläumsfeier ist am Sonntag, 7. Juni, mit vielen geladenen Gästen geplant, darunter auch der dänische Botschafter Friis Arne Petersen.
230 Jahre war Hude Grablege der Oldenburger Grafen. Die dänische Königin Margarethe II. stammt aus einer Nebenlinie des Hauses Oldenburg. „Einige ihrer Vorfahren sind hier nach wie vor beerdigt“, so Klaus Rademacher. Die Gräber lägen auf dem Ruinenareal und seien auch nie ausgegraben worden. „Es gab nur mal eine Suchgrabung.“