Oldenburg - Till Schweiger, Iris Berben, die Wilson-Brüder – deutsche und internationale Stars flanierten einst über den roten Teppich ins Wallkino. Heute ist die Fassade verrammelt und beschmiert, aus der lecken Dachrinne rinnt das Wasser. Das einst älteste Kino Norddeutschlands ist zu einem Schandfleck der Stadt geworden.

Angeblich steht es nun zum Verkauf. Zumindest ein Schild weist darauf hin. Wenn man allerdings die angegebene Nummer anruft, landet man bei einem Anrufbeantworter. Und unter der Internetadresse (offertenpool.de) kommt ein potenzieller Interessent auch nicht weiter – die Seite ist passwortgeschützt.

Laut Anschlag ist die EWG Hansel in Halle/Saale für das Objekt zuständig. Hansel ist übrigens der Geburtsname des Eigentümers Ulrich Marseille. Wer in Halle anruft und Informationen haben möchte, wird wiederum nach Hamburg verwiesen – und landet dort im Firmenimperium von Marseille.

Der schillernde Unternehmer, der u.a. 2002 als Spitzenkandidat für die Schill-Partei antrat, hatte das Wallkino von seiner Adoptivmutter Ilse geerbt. Kurz darauf erhielt Pächter Detlef Roßmann (der nach wie vor erfolgreich das Casablanca betreibt) die Kündigung.

Seitdem steht das Gebäude leer und verfällt zusehends. 2011 wollte Marseille das denkmalgeschützte Haus abreißen lassen (NWZ  berichtete). Die Stadt verweigerte die Genehmigung. Seitdem vergammelt das einstige Schmuckstück am Heiligengeistwall weiter.

Stadtbaurätin Gabriele Nießen bedauert die Situation, sieht sich aber machtlos. „Wir als Stadt können nur einschreiten, wenn von dem Gebäude eine Gefahr ausgeht.“ Da dem (noch) nicht so ist, könne die Verwaltung nicht viel machen. Aktuell gibt es noch nicht einmal mehr einen Kontakt, bestätigte Nießen.

Auch von echten Verkaufsanstrengungen hat man im Rathaus noch nichts bemerkt. Das Kino ist in den großen Internetportalen nicht zu finden, und potenzielle Interessenten haben sich bei der Stadt ebenfalls noch nicht gemeldet. Die Hintergründe für dieses Verwirrspiel sind unklar. Gleichwohl hoffen nicht nur Filmfans auf ein Happy-end am Wall.

Jasper Rittner
Jasper Rittner Redaktion Westerstede (Leitung)