Jeddeloher Busch - Rätsel lösen, mit Schwertern kämpfen, über offenem Feuer kochen: Am vergangenen Wochenende sind die Teilnehmer des Live-Rollenspiels im Jeddeloher Busch drei Tage lang in verwunschene Welten eingetaucht.
Es ist Abend geworden. Um eine kleine Lichtung im Wald steht eine kleine Gruppe Menschen herum. Alles ist ruhig, nur das Rascheln der Bäume im Wind ist zu hören. Eine Magierin zündet Weihrauchkerzen an, ein Mann in braungoldener Rüstung bereitet einen magischen Kreis vor. Drum herum stehen ein Heiler, eine Elfe, und ein paar Ritter in dunkler Rüstung und düsterem Wappen, die wie gebannt zuschauen.
Was klingt wie eine Szene aus einem Fantasy-Film, ist am vergangenen Wochenende im Jeddeloher Busch für die rund 20 Teilnehmer des Live-Rollenspiels Realität geworden. „LARP – Live Action Role Playing – ist ein Fantasy-Rollenspiel nach pseudo-mittelalterlichem Vorbild. Es gibt also Magie und die verschiedensten fantastischen Wesen“, erklärt Heinrich Dickerhoff. Er ist Märchenerzähler und Pädagoge und hat sich die Handlung ausgedacht: die Spieler stoßen auf das Grab eines uralten Königs. Dieses wird geschützt durch dunkle Mächte. Nun liegt die Entscheidung bei den Spielern: soll man das Grab öffnen oder nicht? Und welche Folgen könnte diese Entscheidung haben?
Beim LARP schlüpfen die Teilnehmer in selbst ausgedachte Rollen. Jeder darf sein, wer er will, solange es sich um eine fiktive Person handelt. Viele orientieren sich dabei an Tolkiens Fantasy-Roman „Der Herr der Ringe“, nicht selten sieht man Elfen und Orks. Einmal in die Rolle geschlüpft, darf jeder den Fortlauf des Rollenspiels mitbestimmen und beeinflussen. Jeder bringt eigene Fähigkeiten mit: manch einer macht Musik, ein anderer kennt sich mit magischen Ritualen besonders gut aus. Viele Teilnehmer eignen sich für das Rollenspiel eine andere Sprechweise an, die an mittelalterliche Zeiten erinnert.
„Das Live-Rollenspiel ist eine Mischung aus Impro-Theater und Geländespiel“, so beschreibt es Dickerhoff. Denn neben dem Lösen von Rätseln und der Mitbestimmung der Handlung müssen die Teilnehmer auch im Wald zurechtkommen. Das Waldstück hat Enno Jeddeloh zur Verfügung gestellt. Hier finden oft Veranstaltungen statt, zuletzt das irische Fest, und nun eben zum ersten Mal das Live-Rollenspiel. Für die Teilnehmer des Rollenspiels birgt das Leben im Wald einige Herausforderungen: Feuer machen, das eigene Essen zubereiten, in Zelten schlafen. Die Spieler bringen alles selbst mit, oft kommen sie in festen Spielgruppen. Kostüme, Waffen aus Schaumstoff, Rüstungen und jegliche Art von Zubehör bringen sie mit sich.
An diesem Wochenende kann man im Jeddeloher Busch die verschiedensten Menschen antreffen. Viele Teilnehmer sind jung, aber auch ein 60-Jähriger ist dabei sowie eine Familie mit kleinen Kindern. „Live-Rollenspiele, das ist wie Spaß und Ernst zu verbinden“, so Dickerhoff. Denn: „In dem Augenblick, in dem man sich eine andere Welt vorstellt, steigt man aus dem eigenen Alltag aus. Dann lebt man für einige Zeit in einer anderen Welt und wenn man wieder in seinen eigenen Alltag zurückkehrt, sieht man ihn mit ganz neuen Augen. Das kann sehr bereichernd sein.“
Auch Judith Baalmann ist für das Wochenende aus Hunteburg in der Nähe von Osnabrück nach Jeddeloh gekommen. Seit mehreren Jahren nimmt sie schon an solchen Rollenspielen teil. „Es ist jedes Mal wieder ein Riesenabenteuer“, so die 26-jährige Studentin. Besonders gut findet sie es, etwas Abstand von sich selbst zu bekommen. Sie spielt eine Umhertreiberin, die weder lesen noch schreiben kann. „Das ist die perfekte Ergänzung zu meinem Alltag, denn in meinem Studium muss ich mir immer sehr viel theoretisches Wissen aneignen. Da ist es schön, mal jemand ganz anderes zu sein.“ Außerdem findet sie das Zwischenmenschliche bei solchen Veranstaltungen toll. „Hier kann man ganz viel mit Menschen tun, mit denen man normalerweise gar nicht so viele Berührungspunkte hätte. Aber hier begegnet man jedem auf Augenhöhe.“