Wilhelmshaven - Letztendlich sechs leuchtende Kreuze, eine dunkle Großstadtsilhouette, ein verwirrendes Ineinander von Gittern und Türen, darüber die sechsköpfige Band. Das ist die Szene (Bühne: Cornelia Brey) in, auf und vor der die Blues Brothers Jake (Benno Schulz) und Elwood (Holger Spengler) „im Auftrag des Herrn“ ihre alten Bandmitglieder und mit ihnen zusammen die 5000 Dollar einsammeln, um das Waisenhaus zu retten, in dem sie aufgewachsen sind.
Parodie und Pantomime
Die „Blues Brothers“, so wie sie am Sonnabend im Wilhelmshavener Stadttheater vom Premierenpublikum begeistert aufgenommen wurden, leben von den Songs der Protagonisten und deren Mitspielern, von Rock-, Country-, Blues- und spiritueller Musik, von Elvis Presley bis zur Bach-Toccata. Das Stück ist eine Ikonographie verschiedenen Musikgeschmacks. Wenn man so will, ist das die Botschaft der „Blues Brothers“.
Regisseur Holger Seitz hat mit flüssigen Übergängen von Spielszenen und Dialogen zu den – meist vertanzten – Songs den Revuecharakter des Werkes betont. Der besondere Witz der Inszenierung, die sich an den Film anlehnt und somit auch der Idee des „Road Movie“ folgt, basiert, neben zahlreichen Parodien, auf purer Pantomime, mit der die Verfolgungsjagden auf der imaginären Straße angedeutet werden. Das wird von Schulz, Spengler & Co. toll umgesetzt.
In der Inszenierung funktionieren der feine – und auch der derbe Witz, wie gleich am Anfang bei der Entlassung von Jake aus dem Gefängnis zu sehen. Zudem gelingt es Seitz, das soziokulturelle und politische Umfeld in komischen Episoden anzudeuten, wenn auch Vasilio Zavrakis’ Führer-Parodie die Gefahr der Nazis eher verharmlost.
Letztendlich findet in der Inszenierung auch das schießwütige Amerika seinen Niederschlag in Person von Jakes stets präsenter Ex-Verlobten Carrie (Anna Rausch), die nicht nur mehrmals wild durch die Gegend ballert, sondern zudem einen Sprengsatz zündet.
Das Zusammenspiel aller Elemente funktioniert in der Landesbühneninszenierung bestens; und das, weil die Band absolut topp ist, die Statisterie sich nahtlos in das Ensemble einfügt und die Schauspieler, die meist mehrere Rollen zu spielen haben, tolle Leistungen bringen.
An Pat und Patachon erinnern Benno Schulz und Holger Spengler als die Blues Brothers: Schulz, mit gepresster Stimme, und Spengler, schlaksig und eher lässig, kommen mit zunehmender Dauer der Aufführung immer besser in Fahrt und überzeugen nicht nur bei „Stand by“ gesanglich. Felix Frederik Frenken, der eine zündende Ray- Charles-Parodie abliefert und mit „Minnie the Moocher“ dem Ensemble und Publikum einheizt, ist mit seiner Ausstrahlung unverzichtbarer Bestandteil der Revue.
Ungebremstes Tempo
Jane Shirwa begeistert mit dem Aretha-Frankling-Song „Think“ und ist mit ihrem körperbetonten Spiel ebenfalls ein wichtiger Lichtpunkt der Inszenierung. Johannes Simons gelingt die Roberto-Blanco-Parodie „Quando“), und Christoph Sommer sind seine sechs Rollen auf den Leib geschneidert. Robert Oschmann und Vasilio Zavrakis sind ein witziges Cop-Duo, Anna Rausch als Carrie verfolgt ihren Ex-Verlobten mit zunehmender Verbitterung. Till Naus Choreografien sind pfiffig und gut auf die Musik abgestellt.
Fazit: Eine stimmige und tolle Revue mit ungebremstem Tempo. Das Publikum applaudierte zum Schluss fast 20 Minuten, teils im Stehen, und forderte vier Zugaben, bevor es von Benno Schulz verabschiedet wurde.