Oldenburg - Malerisch. Akkurat. Filigran. Naturalistisch. Abstrakt. Dezent. Humorvoll. Kritisch. Oldenburg hat viele Facetten.
Die schönsten, überraschendsten und bedeutsamsten wurden jetzt in einen Rahmen gefasst: „Das Bild der Stadt in der Kunst“ lautet das Motto einer Ausstellung mit Begleitprogramm im Stadtmuseum. Eröffnet wird die Schau mit historischen und aktuellen Werken an diesem Sonntag.
Ein wichtiger Aspekt ist die Stadtgeschichtliche Komponente. So sind historische Karten und Pläne aus dem frühen 16. Jahrhundert zu sehen. Gefertigt wurden sie zur damaligen Zeit von Künstlern. „Wir haben unsere Sammlung befragt und einige Entdeckungen gemacht“, sagt Stadtmuseumsleiter Andreas von Seggern. Bei 120- bis 130 000 Objekten im Archiv stolpere man immer wieder über verborgene Schätze. Ihn treibt vor allem die Frage um, wie sich der Blick aus Künstlerperspektive auf Oldenburg im Laufe der Jahrhunderte verändert hat.
„Maßgeblich“, weiß Kunstvermittler Dirk Meyer, der die Ausstellung mitkonzipiert hat und Besuchern gerne erläutert. Seine Führung leitet von den alten Stadtplänen über zu Veduten: naturgetreuen Zeichnungen aus dem 19. Jahrhundert – geprägt vom Oldenburger Klassizismus. Ein paar Schritte weiter schlagen die Epochen Purzelbäume. Unter der schlichten Überschrift „Lappan“ sind Werke unterschiedlichster Stilrichtungen neben und übereinander gehängt worden. Das Wahrzeichen der Stadt ist in expressionistischer Darstellung zu sehen, als Holzschnitt oder Cartoon – natürlich aus Hannes Merckers Feder. Als buntes Potpourri der Stile und Querschnitt der Jahrzehnte präsentiert sich auch der Hafen. Beeindruckend Andrey Gradetchlievs monochrome Malerei vom Stau. Mehr Platz für gezeichnete und gemalte Blickwinkel auf die Stadt ist Oldenburger Künstlern im Stockwerk höher eingeräumt worden.
„Viele Künstler lassen sich von Reisen inspirieren, andere von ihrer Heimat“, sagt Dirk Meyer, während er die Treppe hinaufsteigt und auf den „Himmel über Oldenburg“ zusteuert. Die wolkige Leinwand von Gaby Onnen könnte überall sein. Für die Malerin ist es ihre Heimat. Jasper Precht assoziiert damit eine Aral-Tankstelle. Wo auch immer die steht. Etliches ist auch für Kurator Dirk Meyer schwer zu verorten. Jan Oeltjens Radierung aus den 20er-Jahren etwa lassen nur mit viel Fantasie oder Fachwissen die Baumgartenstraße erkennen. Bewusst verfremdet sind die Fotomontagen Teréz Fóthys, die die Oldenburger Künstlerin bei Baustellenarbeiten an der Wallstraße aufgenommen hat.
„Ein Destillat Oldenburgs“, jubelt Dirk Meyer, der sich an der Vielfalt seiner Heimatstadt offenbar nicht sattsehen kann. Dabei wird es bei den ausgestellten Bildern nicht bleiben: Während der Schau haben Besucher Gelegenheit, ihr persönliches Oldenburg zu skizzieren. Entstehen soll daraus eine Stadtcollage, die zur Finissage Ende April präsentiert wird. Wer ungern zu Stift und Pinsel greift, hat auch die Möglichkeit, ein Kunstwerk mit digitaler Bildbearbeitung zu schaffen. Dazu stehen Tablets bereit. Die Ergebnisse werden dann auf einem Bildschirm im Ausstellungsraum gezeigt. Damit hat das Stadtmuseum aber noch längst nicht genug von der Bürgerperspektive: Ergänzend zur Aktion „Kultorte“, bei der Oldenburger online ihre Lieblingsplätze markieren können, hängt im Museum eine riesige Karte, auf der Besucher aufgefordert sind, den für sie schönsten Teil der Heimat einzuzeichnen.
Für Dirk Meyer ist das übrigens die Klappbrücke am Hafen, Andreas von Seggern liebt den Achterdiek hinter der Schleuse. Das Herz von Museumspädagogin Sandrine Teuber schlägt für den Blick vom Theaterhafen über die Hunte – und den eignen Garten. Malerisch. Akkurat. Filigran. Naturalistisch. Abstrakt. Oldenburg hat etliche Gesichter. Und ist fast noch schöner, als sich Künstler ausmalen können.