Oldenburg - Ein Mädchen sitzt auf einem Bett und klebt ausgeschnittene Kleider in ein Tagebuch. Dann hört sie aus einem Nebenraum ihre Mutter, die sagt: „Ich muss schlafen. Ich kann das heute nicht.“ Schnitt. Ein Mann mit einem lichten Haarkranz ist zu sehen – sowie zwei Frauenfüße, an denen der Mann scheinbar genussvoll riecht. Er presst sein Gesicht auf den Fußrücken und atmet stark durch die Nase ein, als versuche er, jeden noch so feinen Geruchsträger einzusaugen. Die Füße sind indes mit einem Faden zusammengebunden.

Actionfilme steigen ja gerne mal mit rasanten Verfolgungsjagden oder wilden Schießereien ein – um den geneigten Fan unmittelbar abzuholen. „Is that you?“ hingegen erzeugt von der ersten Minute an ein verdammt unbehagliches Gefühl – und das hält auch über weite Strecken an. Der Psychothriller von Rudy Riveron Sanchez geht unter die Haut.

Vorführungen von „Is That You?“

Donnerstag, 13. September, 21.30 Uhr: Cine k/Studio, Bahnhofstr. 11

Freitag, 14. September, 16.30 Uhr: Casablanca 2, Johannisstraße 17

Nicht nur, dass Eduardo seine Frau in dem abgelegenen Haus einsperrt und gefangen hält. Seine 13-jährige Tochter Lily ist auch noch auf seiner Seite: Sie macht die Hausarbeit für den diktatorischen Daddy, und als die Mutter eines Tages gehen will, hält die Lily sie davon ab – und petzt das auch noch dem Vater. Wie gesagt: Unheimlich.

Untermalt wird dieses stetige Unbehagen auch durch nervtötende, aber nicht unpassende Soundeffekte in Schlüsselstellen, triste Bilder, die ständig alles dreckig wirken lassen, und auch die Art und Weise, wie sich die Protagonisten bewegen: mechanisch und langsam, sehr kontrolliert, irgendwie fremdgesteuert, fast wie Roboter oder Zombies. Das Bild, dass da ganz gewaltig was nicht stimmt, ist insgesamt stimmig.

Als der Vater dann auf einmal verschwindet, freut das dann Lily auch nicht etwa, wie man das vielleicht erwarten könnte. Sie tut alles, um ihn wiederzufinden, unterwirft sich gar einem voodoo-artigen Ritual – und ist gegenüber der Mutter mehr als skeptisch.

Sanchez macht hier an einem simplen Beispiel deutlich, dass es für viele Bewohner seiner Heimat Kuba wohl auch schwierig war, nach einem Leben unter einem autoritären Regime die Freiheit mit offenen Armen zu begrüßen – ganz im Gegenteil.

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Ist That You?, Rudy Riverón Sánchez, UK/CUB 2018, 107 Minuten, Weltpremiere beim Filmfest Oldenburg

Mathias Freese
Mathias Freese Sportredaktion