Oldenburg - Mit Superlativen sollte man sparsam umgehen. Aber, wenn sich knapp 1500 Menschen zum „1. Vorweihnachtlichen Oldenburger Benefiz-Rudelsingen“ im Kongresssaal der Weser-Ems-Halle treffen, um drei Stunden lang gemeinsam zu singen, dann darf man von „gigantisch“ reden. Und das betraf die Lautstärke ebenso wie die Qualität der „Darbietungen“.
Zugegeben, die Texte wurden, wie das beim Rudelsingen so üblich ist, an die Leinwand auf der Bühne projiziert. Das heißt, alle Interpreten waren textsicher. „Ich finde, David Rauterberg hat die Leute voll im Griff“, meinte Mitsängerin Evelyn Ziera. Und wahrhaftig, es ist eine Kunst 1500 bierbeseelte und sektlaunige Oldenburger und Gäste nach „Auf uns“, dem WM-Popsong von 2014 von Andreas Bourani, wieder zu beruhigen und auf „Country Roads“ von John Denver einzustimmen.
Noch bis kurz vor Beginn der Veranstaltung standen die wartenden Gäste in Viererreihen bis weit auf die Straße. Kleine und große Gruppen trafen sich, um sich gegenseitig auf das gemeinsame Singen „heiß zu machen“. Die Schnellsten hatten sich sogleich an einem Stehtisch in der Kongresshalle einen Platz gesichert und sich mit Getränken eingedeckt. Man ging nicht allein zu einem Rudelsingen. Und wenn doch, hatte man spätestens bei der zweiten Strophe von „Aber Bitte mit Sahne“ von Udo Jürgens Blickkontakt zum Nachbarn gefunden und bei „Tulpen aus Amsterdam“ hakte man sich ein und schunkelt rhythmisch auf dem Parkett.
Die Halle war bis zum Bersten gefüllt. Die Tribünen voll besetzt. Die Oldenburger sind halt ein sangesfreudiges Volk. Zumeist waren es Frauen. Einige Herren wurden im Schlepptau mitgenommen. Auch sie bemühen sich, aus voller Kehle wenigstens die Refrains zum Besten zu geben. Souverän wurden alle Lieder von Philip Ritter am großen Flügel begleitet.
„Music was my first love“ (Die Musik war meine erste Liebe) von John Miles (1976) war der Einheizer. Nur die Ankündigung allein reichte, um einen Sturm der Begeisterung beim Publikum auszulösen. Und „Aber bitte mit Sahne“ brachte den Saal zum Toben. Auch, wenn man es mit der Rechtschreibung auf der Leinwand nicht so genau nahm und das „Kuchenbuffet“ zum „Küchenbuffet“ machte, der Laune des Publikums tat das keinen Abbruch. Rauterberg bereicherte seine Moderation mit gekonnten tänzerischen Einlagen. Seine Gesangsqualitäten spürte man besonders bei „Hört der Engel helle Lieder“ beim kolorierten „Gloria in Excelsis deo“. Er übertönte sogar 1500 Kehlen. Man wagte sich sogar an die klassische Operette. „Dein ist mein ganzes Herz“, aus „Das Land des Lächelns“ (Musik Franz Lehár). Schnell wurde in die Rock-Version von Heinz-Rudolf Kunze von 1985 gewechselt. Auch hier ließ Rauterberg seinen ausgeprägten Tenor heraus. „Bei Tulpen aus Amsterdam“ zeigte das Publikum nicht nur seine Sangesqualitäten, sondern beherrschte nach kurzer Einführung auch die holländische Sprache. Rauterberg erläuterte kurz die Phonetik der nachbarlichen Sprache und schon ging es ab mit „Antje, ik blew di trouw“ und „Wat de Mond mi seggen kann“.
Insgesamt war der ganze Abend eine schöne Mischung aus Schlagern, Pop und weihnachtlichen Weisen. Besonders zum Schluss wurde es dann sehr weihnachtlich romantisch und man ging mit zwei Zugaben und „Stille Nacht – heilige Nacht“ ganz beseelt in die Oldenburger Dunkelheit. David Rauterberg hat den Erlös des Abends auf 3000 Euro aufgerundet und wird den Betrag an die Oldenburger Tafel spenden.