Oldenburg - Anlässlich der 26. Jahrestagung der Tschaikowsky-Gesellschaft, die in diesem Jahr in Oldenburg stattfand, gab es am vergangenen Wochenende zwei Kammerkonzerte in der Aula des Alten Gymnasiums.
Das erste Konzert war der Mäzenin Nadeshda von Meck gewidmet, die zahlreiche Komponisten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gefördert und finanziell unterstützt hatte. Die Musik Peter Tschaikowskys schätzte sie besonders und dieser widmete ihr einige Werke, darunter seine bedeutende vierte Sinfonie. Auch Claude Debussy lebte als junger Mann drei Jahre lang im Hause Meck. Sein Klavierspiel bezeichnete seine Mäzenin damals als durchaus talentiert, aber noch recht unkultiviert. Seine klanglich elegante Jugendkomposition „Beau Soir“ war beim ersten Konzert zu hören, genauso wie Tschaikowskys ausdrucksvolle „Rêverie“.
Einige weitere Werke weniger bekannter Komponisten, die ebenfalls im Hause Meck verkehrten, gesellten sich hinzu. Hier wäre sicher das durchaus kritische Urteil der Mäzenin interessant, weil sich doch einiges im Dunstkreis einer wenig individuellen Salonmusik bewegte, die versuchte, die Klangideale der deutschen und französischen Romantik zu adaptieren.
Herausgekommen sind dabei Konzertminiaturen mit eingängiger Harmonik und bisweilen chromatisch durchsetzter Melodienseligkeit, denen aber häufig der kompositorische Tiefgang fehlte. Und so ist es durchaus nachvollziehbar, dass Namen wie Wladyslaw Pachulski, oder die seinerzeit bekannten Pianistinnen Adele aus der Ohe oder Sophie Menter, in Vergessenheit geraten sind.
Die Oldenburger Sopranistin Stephanie Kühne sang, neben einer Romanze in russischer Sprache von Tschaikowsky, zwei Heine-Lieder, vertont von Anton Rubinstein, begleitet vom ersten Vorsitzenden der Gesellschaft Paul Mertens, Pianist und Komponist aus Berlin. Bei „Du bist wie eine Blume“ war besonders der Vergleich zur 16 Jahre vorher entstandenen Schumann’schen Vertonung interessant.
Texte aus Alexander Puschkins Versroman „Eugen Onegin“ ergänzten das Programm. Diese wurden in sechs verschiedene Sprachen gelesen.
Der glänzende Pianist Michael Tsalka aus Valencia beendete mit dem Moskauer Cellisten Sergei Istomin den ersten Abend mit Karl Dawydows rasant gespieltem Bravourstück „Am Springbrunnen“.
Diese beiden hervorragenden Solisten gestalteten das zweite Konzert am Sonntagmorgen, in welchem Duos von Tschaikowsky und weiteren Cellisten aus seinem kompositorischen Umfeld zu hören waren. Die romantischen, stimmungsvollen Charakterstücke, in denen das Vorbild eines Mendelssohn und vor allem das von Schumann immer wieder durchklangen, von Komponisten wie Karl Friedrich Wilhelm Fitzenhagen oder Karl Dawydow, waren bei Sergei Istomin bestens aufgehoben. Sein ausdrucksvolles, dynamisch bewegliches und wohlüberlegtes Cellospiel (manchmal in der Höhe etwas unsauber) verlieh den Charakterstücken den nötigen romantisch-melodischen Glanz. Pianist Michael Tsalka war ein feinfühlig mitgestaltender Begleiter und zeigte sich als ausgezeichneter Kammermusikpartner und Solist.
Drei Klavierwerke Tschaikowskys spielte das Duo in Bearbeitung für diese Besetzung, darunter das durch seine besonderen melodischen Umspielungen so ansprechende, ausdrucksintensive „Herbstlied“ aus den „Jahreszeiten“.
Ziel der Tschaikowsky-Gesellschaft ist es, die musikwissenschaftliche Forschung und eine lebendige Aufführungspraxis zusammenzuführen. Diese beiden Konzerte in der Schulaula mit ihren auserlesenen internationalen Interpreten waren das beste Beispiel dafür.
Die jüngste Publikation der Tschaikoswky-Gesellschaft sind die Mitteilungen 26 (2019), Redaktion PD Dr. Kadja Grönke, kadja.groenke@uni-oldenburg.de, ISSN 2191-8627, 72 Seiten – mit wissenschaftlichen Beiträgen, Berichten, Rezensionen und Kurzmeldungen. Die Tschaikowsky-Gesellschaft ist erreichbar über Mail an info@tschaikowsky-gesellschaft.de