Oldenburg - Es ist ein Mammutprojekt, das spannende und aufschlussreiche Einblicke in die politische Geschichte Oldenburgs ermöglicht. Die Landesbibliothek Oldenburg hat die Verhandlungen des Oldenburgischen Landtags für die Jahre 1919 bis 1930 digitalisiert. Anlässlich der hundertsten Wiederkehr der Konstituierung des Freistaates Oldenburg in der Weimarer Republik stehen die schriftlichen Aufzeichnungen ab sofort in den „Digitalen Sammlungen“ der Landesbibliothek frei und im Volltext durchsuchbar zur Verfügung.
Rund 20 000 Seiten zu den Landtagsverhandlungen sind innerhalb eines halben Jahres in der Landesbibliothek aus eigenen Mitteln digitalisiert und strukturiert worden. „Wir wollten eine wichtige Quelle für die Erschließung der Weimarer Republik leichter zugänglich machen“, sagte Historiker Dr. Klaus-Peter Müller, stellvertretender Leiter der Landesbibliothek Oldenburg, bei der Projektpräsentation am Donnerstag. Bequem von zu Hause aus kann man auf der Internetseite https://digital.lb-oldenburg.de in die Recherche zu diesem prägenden Kapitel der deutschen Geschichte einsteigen.
Einfache Handhabung
Über einen Klick auf „Zeitschriften“ in dem Menü „Digitale Sammlungen“ gelangt man zu den Landtagsverhandlungen. Das Angebot ist zeitlich nach den Wahl- bzw. Sitzungsperioden des Landtags und inhaltlich nach den Abteilungen „Niederschriften“, „Stenografische Berichte“, „Anlagen“ und „Register“ gegliedert. Eine Stichwortsuche ist ebenfalls möglich. Dokumente können zudem heruntergeladen werden.
Neben dem umfangreichen Rechercheangebot sei auch die Konservierung des historischen Materials ein wichtiger Beweggrund für das Projekt gewesen, so Müller. Aufgrund des säurehaltigen Papiers seien die schriftlichen Aufzeichnungen fragil. Für die Digitalisierung wurde sowohl auf Originale als auch einige Kopien zurückgegriffen.
Die Weimarer Republik oder auch „Deutsche Republik“ existierte von 1918 bis 1933. Sie folgte auf das Deutsche Kaiserreich (1871 bis 1918) und löste die konstitutionelle Monarchie ab. Der Name geht darauf zurück, dass in der Stadt Weimar die Nationalversammlung zusammenkam und eine demokratische Verfassung ausarbeitete. Auf dieser Grundlage bildete sich in Deutschland erstmals eine parlamentarische Demokratie.
Staatsoberhaupt war der gewählte Reichspräsident: Friedrich Ebert von 1919 bis 1925, Paul von Hindenburg ab 1925. Mit der Machtübernahme Adolf Hitlers im Jahr 1933 brach die Weimarer Republik zusammen und die nationalsozialistische Diktatur nahm ihren Anfang.
In den kommenden Monaten werden zusätzlich die Landtagsverhandlungen bis zur Gleichschaltung des Freistaates Oldenburg 1933 und jene aus der Zeit des Großherzogtums ab 1849 digital abrufbar sein. Die regionalhistorische Forschung hatte wiederholt den Wunsch zur Digitalisierung geäußert.
Ergänzt wird das Rechercheangebot der Landesbibliothek durch einen wachsenden Bestand an digitalisierten (historischen) Zeitungen aus der Region. Aktuell werden weitere Jahrgänge der Regionalzeitung „Nachrichten für Stadt und Land“ (Oldenburg) bearbeitet. Dank einer zweijährigen Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft in Höhe von 145 000 Euro können zudem die Zeitungen „Jeversches Wochenblatt“ (bis 1945) und „Norddeutsches Volksblatt“ (bis 1933) digitalisiert werden – zusammen rund 300 000 Zeitungsseiten.
Neue Rechercheform
Die Landesbibliothek Oldenburg kooperiert dabei mit dem Schlossmuseum Jever und dem Niedersächsischen Landesarchiv. Das Vorhaben geht auf ein Pilotprojekt für die Jahre 1918/19 zurück. „Wir haben gemerkt, dass das Angebot gut genutzt wird“, sagte Müller. Die weiterführende Digitalisierung soll bis Mai 2021 abgeschlossen sein.
Die Kombination Verhandlungen/Zeitungen ermögliche ganz neue Recherchemöglichkeiten, sagte Matthias Bley, wissenschaftliche Mitarbeiter der Landesbibliothek Oldenburg. So könne man in digitaler Form die politischen Entwicklungen in den damaligen Landtagsberatungen als auch parallel in den regionalen Presseberichten verfolgen.