Oldenburg Mit einer Entschuldigung hat der Oldenburger Generalintendant Christian Firmbach auf die empörten Reaktionen wegen des geplanten Theaterprojekts über den Högel-Prozess geantwortet. „Das hat Menschen verletzt. Dafür möchte ich mich entschuldigen“, sagte er am Donnerstag im NWZ-Interview. Die Angehörigen der Opfer waren gar nicht informiert.
„Bei den Angehörigen liegen die Nerven blank – in wenigen Tagen treffen sie auf den Mörder ihrer Familienangehörigen“ – Christian Marbach, Sprecher der Opfer-Angehörigen im Högel-Prozess, ist schockiert. Die Nachricht von der geplanten Inszenierung habe er durch Zufall erfahren. Den Zeitpunkt so kurz vor Prozessbeginn findet Marbach nicht passend.
Zweifel an Format
Bislang habe er von keinem Angehörigen, mit denen er gesprochen habe, ein positives Echo gehört. Auch die Aufführung im Februar 2020 sei zeitlich nicht passend. Schließlich gehe es nicht nur um Högel, sondern auch noch um Prozesse gegen weitere Schuldige. Ob ein Theaterstück wirklich das passende Format für ein solch komplexes Thema sei, bezweifelt Marbach.
„Es ist sicher eine Form der Aufarbeitung – aber der Zeitpunkt ist sehr unglücklich“, findet Petra Klein. Sie ist Leiterin der Oldenburger Außenstelle des Weißen Rings und sieht das Theaterprojekt kritisch, insbesondere in der jetzigen Situation, wo ja auch eine Klärung stattfinde. Zudem befürchtet Klein, dass das Theaterstück Niels Högel erneut Aufmerksamkeit geben könnte. Viele der Angehörigen seien immer noch in Trauerarbeit – die Inszenierung könnte wieder alte Wunden aufreißen.
Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte
„Theater war und ist immer auch Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte“, sagt dagegen Christiane Cordes, Leiterin des Amtes für Kultur und Sport der Stadt Oldenburg. Insofern könne auch das schwierige Thema Niels Högel auf die Bühne gebracht werden. „Es sollte aber auf einen sensiblen Umgang mit den Gefühlen der Angehörigen der Opfer geachtet werden.“
Björn Thümler (Berne), niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur (CDU) findet das Vorhaben „mutig“. „Es ist seit jeher Aufgabe des Theaters, sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen und Entwicklungen auseinanderzusetzen. Ich begrüße es daher, dass das Staatstheater mit einem freien Theaterkollektiv wie „Werkgruppe2“, die im Bereich des dokumentarischen Theaters profiliert ist, zusammenarbeitet. Die Wahl des Themas ist mutig“, sagt Thümler auf Nachfrage. Er gehe davon aus, „dass sich die Theatermacher diesem äußerst sensiblen Thema auch mit der gebotenen Sensibilität nähern, insbesondere mit Blick auf die Angehörigen der Opfer“.