Oldenburg - Ein bisschen kriminalistische Schnitzeljagd a la Dan Brown (u.a. „Illuminati“), etwas israelisch-palästinensischer Konflikt und jede Menge Religionsgeschichte – lässt sich daraus ein spannender Krimi basteln? Der Oldenburger Autor Reinhold Friedl (69) hat sich in seinem bemerkenswerten neuen Buch „Das Evangelium aus dem Herodesgrab“ an eben diesen literarischen Mix gewagt.
Entstanden ist ein – nach Friedls Angaben im Untertitel – „biblischer Kriminalroman“. Mag sein, man könnte das Werk aber auch als dramatisch aufgepepptes Hauptseminar über Entstehung und Wirkung der ursprünglichen Texte der Bibel ansehen. Strahlende Helden, schöne Frauen, sinistre Mörder und ihre unendlich reichen Auftraggeber kreuzen die Klingen, doch sie alle sind nicht stark genug, um Friedls durchaus spannenden Abriss über den Verbleib des Markus-Evangeliums zu übertrumpfen.
Unklar bleibt, wie viel gesicherte Altertumsforschung und wie viel Fiktion im „Herodesgrab“ zusammentreffen – klar ist dagegen, dass Friedl seine Kenntnisse über internationale diplomatische Gepflogenheiten weidlich nutzt. Der Oldenburger kann als ehemaliger Beamter bei den Vereinten Nationen und als Vertreter der UNO-Flüchtlingshilfe präzise die Orte der Handlung beschreiben. Und das sind vor allem Genf, Sitz mehrerer UN-Organisationen, und die Grenzgebiete von Israel zum Gaza-Streifen sowie von Israel zu Jordanien. Detailreich und bisweilen ausufernd schildert Friedl die Szenerie, vor der sich die Handlung entwickelt.
Die mag wegen einiger erschöpfender Forschungsreferate zum Alten Testament bisweilen langatmig geraten sein, dafür aber steht am Ende die Aussicht auf einen (sogar kurz in Oldenburg spielenden) Krimi, der spannend ist und zugleich lehrreich.Reinhold Friedl, „Das Evangelium aus dem Herodesgrab“, Isensee-Verlag Oldenburg, 238 Seiten, 14,80 Euro