Bremen - Der Finanzkrise, ach was: den Finanzkrisen, die uns heimsuchen, beizukommen, ist nicht nur ein politisches Problem. Auch theoretisch hat sich schon manch einer die Zähne daran ausgebissen.

Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek kann gar nicht genug von der Krise bekommen. Nachdem sie mit „Die Kontrakte des Kaufmanns“ ihre „Wirtschaftskomödie“ aufs Theaterpublikum losließ, schrieb sie immer weiter, nun brachte Alexander Riemenschneider die Fortsetzung der „Kontrakte“ mitsamt zweier weiterer Teile, die Jelinek nachlieferte, im Kleinen Haus in Bremen auf die Bühne.

Jelineks Furor zu inszenieren ist kein leichtes Unterfangen. Rollen? Geschenkt. Dialoge? Muss die Regie aus dem Textstrom filtern. Eine Geschichte? Steckt, wenn es sie geben sollte, auf Sub- oder Metaebenen. Wo Nikolaus Stemann die „Kontrakte des Kaufmanns“ lose, offen ausstellte, entschied sich Riemenschneider für Reduktion, sein Ensemble agiert präzise.

Den ersten Teil bestreiten Alexander Swoboda, Siegfried W. Maschek, Nikolai Plath und Robin Sondermann, die bemerkenswert konzentriert durch Text und Publikum arbeiten. Der zweite Akt eröffnet mit der Anmerkung: „kann man auch weglassen, wie alles, damit nichts bleibt. (für Rosa Luxemburg)“. Und bleibt ein Rätsel: Was hat Luxemburg hier zu suchen? Lisa Guth verwandelt sie und damit sich schließlich in eine Schönheitskönigin, „Miss Rosa Luxemburg“.

Ein Denkmal habe sie ihr setzen wollen, sagt Gabriele Kleinschmidt als Elfriede Jelinek im Nachtrag. Und darin scheiterte sie ebenso wie im Gegenanschreiben gegen die Krise, die nicht mit dem von Jelinek erwarteten Kladderadatsch endete, sondern mit der Rettung des Finanzkapitals, das weitermachte wie zuvor. Dass das das Ende der Krise(n) wäre, ist nicht anzunehmen, Stichwort Eurokrise. Die allerdings kommt in „Aber sicher!“ nicht vor.

Es ist einer der berührendsten Momente, wenn Jelinek in Gestalt von Irene Kleinschmidt ihr Scheitern gesteht, während ein Geldautomat an der Seite immer wieder Geld ausspuckt. Verloren seufzt die Dichterin: „Alles, was ich je getan habe, geschrieben, ist ganz anders ausgegangen, vielleicht weil ich nie ausgehe.“

Das ist schwerer Stoff, ein zweistündiger, pausenloser, wort- und bildgewaltiger Mahlstrom. Es bleiben Fragen. Es ist das Verdienst von Jelinek, aber auch das des Bremer Theaters, diese Fragen zu stellen, und uns das Material für ihre Beantwortung so virtuos um die Ohren zu schlagen.