BREMEN Fünf Rohrstühle, das muss erstmal reichen. Oscar Wildes Komödie „Bunbury oder Ernst sein ist wichtig“ steckt so voller Wortwitz, Doppeldeutigkeiten und Spitzfindigkeiten, dass auf der Bühne kaum Platz bleibt für die Deko. Also tut Regisseur Albert Lang das einzig Richtige: so wenig wie möglich.
Algernon Moncrieff (Sven Fricke) sitzt auf einem Rohrstuhl im Neuen Schauspielhaus und langweilt sich. Um ihn herum hängen Glasfenster, einige blind, andere durchsichtig, manche spiegeln. Da deutet es sich an, das Spiel von Sein und Schein, das hier die nächsten 100 Minuten stattfindet: „Der Mensch ist am wenigsten er selber, wenn er in seiner eigenen Person spricht“, befand Oscar Wilde nämlich. „Man gebe ihm eine Maske, und er wird die Wahrheit sagen.“
Algernon, genannt Algy, hat dafür eigens ein Wort geschaffen: das Bunburysieren. Bunbury hat er seinen kränkelnden Freund getauft, den er erfunden hat, um das langweilige London und seine dominante Tante Lady Bracknell regelmäßig in Richtung Provinz verlassen zu können, wo er sich dann als Bunbury vergnügt. Das beichtet er seinem auf dem Land lebenden Bekannten Jack Worthing (Christoph Rinke), der ihm jetzt im Rohrstuhl gegenüber sitzt. Denn Jack seinerseits hat sich einen gesundheitlich angeschlagenen Bruder namens Ernst ausgedacht, um hin und wieder die langweilige Provinz in Richtung London verlassen zu können.
Aus Spaß wird später ernst: Jack will sich umtaufen lassen auf den Namen Ernst, denn bei Gwendolen, seiner Angebeteten, erzeugt dieser Name „Vibrationen“. Auch Algy will bald Ernst heißen, weil er sich in ein Mädchen verliebt, das einen ernsthaften Mann suchte. Und Regisseur Lang tauscht die Rohrstühle gegen Korbsessel aus.
Oscar Wilde (1854–1900) galt als der beste Redner seiner Zeit, „Bunbury“ gilt als sein bestes Stück – als so witzig, dass jede Inszenierung Gefahr läuft, ihm mehr zu nehmen als zu geben. Lang weiß das; deshalb lässt er die Bühne kahl, deshalb weist er seine Schauspieler an, sich bei allem angemessenen Snobismus nie vor den Text zu stellen. Geschickt füllt er aber die wenigen Lücken, die Wilde ließ: Herrlich verschroben zeichnet er etwa die beiden Butler (Martin Baum und Daniel Fries), die im Wildeschen Verwirrspiel nur als Randfiguren angelegt waren.
Um es kurz zu machen: Das Personal das Stückes reiht Bonmot an Bonmot, die Handlung schlägt Purzelbäume, das Publikum lacht sich scheckig, 100 kurzweilige Minuten lang.
„Diese Spannung ist schrecklich“, klagt Jacks Verlobte Gwendolen kurz vor Schluss, „ich hoffe, sie hält an.“ Recht hat sie.
Karten: 0421/36 53 333
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