Oldenburg - Generationen von Schülern haben „Die Leiden des jungen Werther“ von Johann Wolfgang Goethe (1749–1832) gelesen. Nun bringt das Staatstheater, wie berichtet, den berühmten Briefroman auf die Bühne des Kleinen Hauses. Wenn man den Kritikern glauben darf, die diese Theaterfassung in Essen bereits gesehen und enthusiastisch gelobt haben, dann handelt es sich um eine sehr moderne, jugendgerechte Inszenierung, deren Herz mit Sturm und Drang den gelben Reclam- Heftchen davonrast.
In Oldenburg erwartet die Zuschauer zwar dieselbe Struktur und Musik wie in Essen. „Aber es ist kein Aufguss“, verspricht Dramaturg Marc-Oliver Krampe, der die Textfassung seinerzeit zusammen mit Regisseur Karsten Dahlem entwickelt hat. Mit Magdalena Höfner (als Charlotte), Maximilian Pekrul (Werther) und Klaas Schramm (Albert) habe man in Oldenburg drei sehr musikalische Schauspieler gefunden, freut sich Krampe: „Die musikalische Ebene wird so noch komplexer. Die Figuren haben außerdem mehr Tiefe. Ich glaube, es wird sogar noch besser als in Essen.“
Für die Musik, die von Johann David Talinski und Hajo Wiesemann stammt, ist am Staatstheater die Oldenburger Band „David & die Kernigen“ engagiert worden. Optisch sind die drei Musiker – Dirk Brumund-Rüther (Bass), Stefan Laube (Gitarre) und Felix Weth (Schlagzeug) als „Werther Boys“ – der jungen Titelfigur zugeordnet, die der leitende Dramaturg des Schauspiels so beschreibt: „Er ist Rockstar, Hippie und Naturmensch, der das Sinnliche liebt.“ Vor allem aber liebt Werther Charlotte, die Verlobte von Albert. Werther verfällt ihr mit Leib und Seele, manisch und bedingungslos schwärmend bis in den Tod.
Und was würde Johann Wolfgang Goethe dazu sagen, dass sein Welterfolg als eine Art theatrales Rockkonzert aufgeführt wird? „Am Originaltext haben wir fast nichts geändert“, bekräftigt Marc-Oliver Krampe. „Wir haben ihn nur auf drei nahezu gleichberechtigte Spieler verteilt und so den Blickwinkel geändert.“
Zuschauer, die laute Musik und Lichtspektakel nicht mögen, könnten mit der modernen Inszenierung, die in Essen wie in Oldenburg Karsten Dahlem in Szene setzt, allerdings ein Problem haben, gibt Krampe ehrlich zu. Die übrigen Zuschauer erwarten 80 Minuten pop-tauglichen Sturm und Drang.