Oldenburg Das Oldenburger Theaterstück „überleben“ über die Auswirkungen der vom Ex-Krankenpfleger Niels Högel begangenen Klinikmorde ist unter die besten 40 deutschsprachigen Inszenierungen des vergangenen Jahres gewählt worden. Nun könnten die Zuschauer online darüber entscheiden, ob die Kooperation des Staatstheaters Oldenburg und des Theaterkollektivs Werkgruppe 2 aus Rosdorf bei Göttingen als „Inszenierung des Jahres“ ausgezeichnet wird, wie das Staatstheater am Donnerstag mitteilte. Die besten zehn Inszenierungen erhielten eine Einladung zum digitalen Theatertreffen auf „nachtkritik.de“. Das Portal ist eigenen Angaben zufolge ein unabhängiges und überregionales Theaterfeuilleton im Internet.
Das Stück feierte am 29. Februar 2020 seine Premiere. Weiter Aufführungen mussten wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Die Abstimmung für den Theaterpreis sei noch bis zum 1. Februar unter www.nachtkritik.de möglich.
So lief die Premiere: Mutiges Theater gegen das Verdrängen der Klinikmorde
Högel war am 6. Juni 2019 wegen 85-fachen Mordes an Patienten zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. „Die Klinikmorde in Oldenburg und Delmenhorst übersteigen unsere Vorstellungskraft in ihrer Dimension von Verlust und Vertrauensbruch“, hieß es in der Premieren-Ankündigung des Staatstheaters. „Dennoch versuchen wir das Geschehene zu verstehen.“ Das Theaterprojekt suche nach jenen Leerstellen, Lücken und ungehörten Erzählungen, die im strafrechtlichen Prozess keinen Raum gefunden hätten.
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Die Regisseurin Julia Roesler hatte vor der Premiere betont, es handele sich nicht um ein Stück über den Serienmörder Niels Högel. „Sondern um ein Stück darüber, wie eine Stadt wie Oldenburg die Tatsache verarbeitet, dass dort die Klinikmorde stattgefunden haben.“ Die Grundlage für die Inszenierung bildeten Interviewtexte und O-Töne, die wortwörtlich von den Schauspielern und Schauspielerinnen wiedergegeben wurden.