Wilhelmshaven Es ist nicht leicht, Wilhelmshaven auf den ersten Blick zu lieben. Doch wer sich auf diese Stadt einlässt, wird nicht enttäuscht. Sie bietet Ecken und Kanten, Pracht und Brüche und – vor allem – viel Grün und viel Wasser.
Klein-Berlin wird Wilhelmshaven auch genannt angesichts der Gründerzeit- Architektur. Vor allem in der Südstadt ist die Pracht jener Epoche vor dem Ersten Weltkrieg noch zu sehen. Damals wuchs der kaiserliche Marinehafen stetig, Offiziere, Ingenieure und hohe Beamte brauchten angemessene Wohnungen. Es entstanden schicke Kaufhäuser und mondäne Hotels, repräsentative Verwaltungspaläste und Industriebauten im Stil der Zeit.
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Ein Symbol für diese Entwicklung ist die Südzentrale, die mit der Kaiser-Wilhelm-Brücke am Großen Hafen ein Bauensemble im Jugendstil bildete. Die Brücke wurde zwar saniert, das benachbarte Kraftwerk mit seiner prägenden Fassade aus dem Jahr 1911 aber dem Verfall preisgegeben. Inzwischen ist das Gebäude aus dem Stadtbild verschwunden.
Besser läuft es in der Südstadt, die seit einigen Jahren einen sicht- und spürbaren Aufschwung erlebt. Investoren sanieren – auch mit städtebaulichen Fördermitteln – die verbliebenen Gründerzeit-Häuser an der Weser-, Rhein- und Ebertstraße. Neue Wohngebäude und Hotels entstehen. Rund um den Großen Hafen hat sich eine attraktive Gastronomieszene entwickelt.
Der Südstadt-Kiez wird zum Markenzeichen mit einer spannenden Mischung aus neuem Gründergeist und alter Kiezkultur – mit urigen Eckkneipen, Kulturprojekten wie der „Suedbar“ und dem Filmfest „Blende Eins“. Es gibt große Wohnungen, die Mieten sind (noch) vergleichsweise günstig, das Meer mit dem Südstrand liegt um die Ecke.
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Dieser Text ist der zweite Teil unserer Serie zum 150-jährigen Bestehen der Stadt Wilhelmshaven. Hier geht es zum ersten Teil: Wie Preußen aus einem Dorf einen Flottenhafen machte.