Bamberg - „Karl May wird alle zehn Jahre totgesagt.“ Sagt Bernhard Schmid, Chef des Karl-May-Verlags, und schmunzelt. „Komisch, dass wir immer noch Bücher verkaufen. Angeblich ist Karl May seit den 1950er Jahren out. Trotzdem wird er heute noch gelesen.“
Schmids Verlag in Bayern wird in diesem Jahr 100 – das Unternehmen wurde Anfang Juli 1913 gegründet. Das Erfolgsrezept von Karl May („Winnetou“, „Unter Geiern“) sei es, die Fantasie der Leser anzuregen. „Deshalb hat er so lange überdauert. Der Wunsch, in eine fremde Welt einzutauchen, hört einfach nicht auf.“
Schmid sitzt in seinem Büro in Bamberg vor einem großen Bücherregal mit den markanten grün-goldenen Buchrücken. Dieses Design „ist eines unserer höchsten Güter“, sagt Schmid. Etwa 200 Titel hat das Haus im Programm – neben den gesammelten Werken Karl Mays (1842– 1912) auch Filmbücher, Briefbände, Biografien und Sekundärliteratur. Dass sich ein Verlag seit einem Jahrhundert nur einem Autor widme, sei einmalig, sagt Schmid. Die Auflage wird auf 200 Millionen geschätzt, die Bücher wurden in mehr als 45 Sprachen übersetzt.
Die Geschichte des Unternehmens begann 1913, als Schmids Großvater Euchar Albrecht, Mays Witwe Klara und der Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld einen Verlag mit Schmid als Geschäftsführer gründeten. Hauptsitz war Radebeul bei Dresden. Nach 1945, als Radebeul in der sowjetischen Besatzungszone war, streckte der Verlag seine Fühler nach Westen aus – nach Bamberg, wo Euchar Albrecht Schmid aufgewachsen war.
Bernhard Schmid, der in der dritten Generation den Verlag führt, sagt: „Wir sind guter Hoffnung, dass May auch heute seine Leser findet.“ Mit E-Books und Hörbüchern reagiert man auf neue Lesegewohnheiten. Konkrete Geschäftszahlen nennt Schmid nicht. Nur so viel: Das Karl-May-Jahr 2012, als der 100. Todestag des Schriftstellers gefeiert wurde, habe die Verkaufszahlen gesteigert.