Cloppenburg Rund 2000 Apfelsorten sollen in Deutschland existieren. In Supermärkten findet man davon allerdings meist nur fünf bis sieben Sorten. Anke Kreis, Beraterin für Garten, Hof- und Dorfgrün bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Cloppenburg, weiß warum: „Aus den vielen alten Sorten wurden wenige Standardsorten herausgezüchtet mit für die heutige Zeit wichtigen Merkmalen wie hoher Ertrag, gutes, einheitliches Aussehen oder verbrauchergewollter Geschmack.“
So wie den Äpfeln ist es vielen Obst- und Gemüsearten ergangen. Über die Generationen wurde die Vielfalt an Wurzelgemüse, Kartoffeln oder Salaten sowie Obst züchterisch gnadenlos dezimiert. Laut der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen sind seit dem Jahr 1900 etwa drei Viertel aller Kulturpflanzen verschwunden – und damit eine Fülle an Geschmackserlebnissen und bunter Vielfalt.
Aber mittlerweile scheint es eine Renaissance alter Sorten bei Obst und Gemüse zu geben. Mit dem Trend zu regionaler Küche steigt auch das Interesse an alten Sorten. Das gilt zum einen für die Anbauer. Kreis rät zum Gang auf den Wochenmarkt oder gleich zum Bauern direkt. Dort würde man am ehesten solche Nischenprodukte finden. Der andere Weg ist der Eigenanbau auf kleiner Fläche im heimischen Garten oder sogar auf dem Balkon. Hier habe es durch die Anbaumöglichkeiten in Hochbeeten in den letzten Jahren einen richtigen Boom gegeben, weiß sie aus eigener Erfahrung. Das Interesse an den entsprechenden Beratungs- und Seminarterminen der Landwirtschaftskammer sei groß.
Zwei Tipps für alle Eigenanbauer hat die Ökotrophologin: Man sollte nicht zu exotische Sorten anbauen. Am besten sei es, wenn man sie vorher einmal probiere, um festzustellen, ob das gewünschte Eigengewächs überhaupt den eigenen Geschmack trifft. Und man sollte beim Saatgut nicht sparen und unbedingt auf Qualität achten.
Ganz besonders freut sich Kreis darüber, dass die Teilnehmer an ihren Seminaren – es sind ganz überwiegend Frauen – ein anderes Verhältnis zu Lebensmitteln entwickeln. „Über den Selbstanbau bringen sie den Nahrungsmitteln mehr Wertschätzung entgegen“, hat sie festgestellt. Das liege sicher u.a. an der erheblichen Arbeit, die man investieren müsse. Aber auch der Geschmack des selbst Angebauten werde intensiver wahrgenommen.
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Um vergessene Obst- und Gemüsesorten kümmert sich auch „Slow Food“. Seit 1996 schützt der Verein mit der „Arche des Geschmacks“ einheimische Tierrassen, regional wertvolle und traditionelle Lebensmittel und Kulturpflanzen vor dem Verschwinden. Rund 2000 Lebensmittel und seltene Tierrassen beherbergt die Arche inzwischen. Ihr Motto: Essen was man retten will. „Wir erhalten damit Vielfalt sowie Universen an Geschmäckern und Geschichten“, erklärt Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland.
Anke Reis hat auch einen „alten Liebling: Bei Äpfeln schwört sie auf „Biesterfelder Renette“, eine alte Apfelsorte aus Ostwestfalen: „Der beste Apfel überhaupt“, schwärmt die Ökotrophologin.