Das Sturmgewehr G36, die Standardwaffe der Bundeswehr, ist nun auch offiziell unzuverlässig. Bei großer Hitze oder Dauerfeuer schießt die Waffe irgendwann um die Ecke. Damit ist sie unbrauchbar; sie ist Schrott. Dieses Debakel ist der Offenbarungseid für Politik, Bundeswehr und den Hersteller Heckler & Koch.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Da schickt der Bundestag Soldaten in Länder wie Afghanistan oder Mali – Länder, in denen geschossen wird und in denen es durchaus etwas wärmer werden kann –, und man rüstet diese Soldaten mit einer untauglichen Waffe aus. Nicht nur das. Beschwerden aus der Truppe über die Brauchbarkeit des G36 im Einsatz wurden offenbar systematisch ignoriert. Immer wieder gab es Hinweise, dass diese Waffe für die Anforderungen eines Krieges, wie er sich in Afghanistan abspielte, ungeeignet war. Das galt sowohl für Zuverlässigkeit als auch für Waffenwirkung. Letztlich heißt das aber: Da wurde mit dem Leben von Soldaten gespielt.
Die G36-Katastrophe ist damit das schlimmste Beispiel massiven Versagens deutscher Beschaffungspolitik: nach Transportflugzeugen, die nicht transportieren, Drohnen, die nicht fliegen, und Hubschraubern mit gravierenden Mängeln nun ein Gewehr, das nicht richtig schießt. Das alles kommt in jedem Fall auch den Steuerzahler teuer zu stehen. Bisher ist noch jedes Rüstungsprojekt für die Bundeswehr teurer als geplant gewesen, und nun müssen vielleicht auch noch rund 170 000 G36 verschrottet und neue Gewehre angeschafft werden.
Blamabel ist das alles jedoch auch für die Bundeswehr und den Hersteller. Letzterer, die Firma Heckler & Koch, scheint ihre Kerngeschäft verlernt zu haben. Außerdem fragt man sich, wer eigentlich das G36 geprüft hat, als es das zuverlässige G3 Mitte der 1990er Jahre ablösen sollte.
Die Konsequenz aus all diesen heillosen Rüstungsdebakeln kann nur lauten, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen – auch wenn sie nicht persönlich verantwortlich ist – endlich Ordnung schaffen muss. Ihre Schonzeit ist in dieser Hinsicht bald abgelaufen. Und: Eine Armee kann auf Kindergärten gut verzichten – in keinem Fall aber auf treffsichere Gewehre.