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Kindesmissbrauch Geständnis hinter verschlossenen Türen

Oldenburg/Nordenham - „Wir sind alle ganz fassungslos“, sagte der damalige geschäftsführende Pfarrer Hartwig Dede. Entsetzen und tiefe Betroffenheit nicht nur in der Gemeinde, sondern in der ganzen Stadt hatten im März 2012 Missbrauchsvorwürfe gegen einen damals 45 Jahre alten nebenberuflichen Mitarbeiter der evangelischen Kirchengemeinde Nordenham ausgelöst.

„Es sind alle Eltern betroffen, weil sich der Beschuldigte als bester Freund ausgegeben hat.“ So formulierte es gegenüber der NWZ  eine Mutter aus dem Kreis von Eltern, deren Kinder in kirchenmusikalischen Aktivitäten von dem Beschuldigten betreut worden waren.

„Er hat die Kinder gerne mal in den Arm genommen, aber eher väterlich“, sagte eine andere Mutter, die es ebenfalls kaum fassen konnte, dass der damals als nebenamtlicher Kirchenmusiker Tätige minderjährige Jungen sexuell missbraucht haben soll.

Antrag des Anwalts

Am Dienstag hat der inzwischen 47-Jährige zum Auftakt des Strafprozesses vor dem Landgericht Oldenburg ein fast vollständiges Geständnis abgelegt. Dies geschah unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das Gericht war dem entsprechenden Antrag des Anwalts des Angeklagten gefolgt – mit der Begründung, das Interesse des Schutzes der Intimsphäre der Kinder und des Angeklagten habe Vorrang vor dem Interesse der Öffentlichkeit.

Wie Gerichtssprecher Michael Herrmann auf Nachfrage der NWZ  mitteilte, hat der Angeklagte auch die vier Fälle von schwerem sexuellen Missbruch gestanden, bei denen es zu beischlafähnlichen Handlungen gekommen sein soll. Der Strafrahmen für jeden dieser vier schweren Fälle liegt zwischen zwei und 15 Jahren Haft.

Zuvor hatte der Angeklagte gefasst und aufmerksam den Ausführungen des Vorsitzenden Richters und der Verlesung der Anklageschrift durch die Staatsanwältin zugehört. Er vermied Blickkontakte mit Zuhörern und Journalisten im Saal 1 des Landgerichts Oldenburg.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 47-Jährigen insgesamt 23 Fälle sexuellen Missbrauchs von drei Jungen in der Zeit zwischen Anfang 2011 und Anfang 2012 vor. Einen Fall bestritt der Angeklagte am Dienstag vor Gericht, einen weiteren stellte er anders als angeklagt dar. Die Jungen sind heute zwölf und 13 Jahre alt.

Laut Pressemitteilung seines Anwalts hat bei den Missbrauchsfällen die pädophile Neigung des Angeklagten eine zentrale Rolle gespielt. Er sei zum Opfer seiner pädophilen Neigung geworden, so der Anwalt.

In der evangelischen Kirchengemeinde Nordenham war der heute 47 Jahre alte Verwaltungsbeamte nebenberuflich als Leiter des Posaunenchores und als Musiklehrer tätig. Ein Kind hatte seinen Eltern über einen Vorfall berichtet. Daraufhin verständigten sich deren Eltern mit Eltern geschädigter Kinder und schalteten die Polizei ein.

Disziplinarverfahren

Der Beschuldigte gab daraufhin die Taten zu. Er hat inzwischen seine Ankündigung wahr gemacht und sich einer stationären Therapie unterzogen. Ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten ist bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt.

In der Nordenhamer Kirchengemeinde war der Angeklagte auch wegen seines jahrzehntelangen ehrenamtlichen Engagements geschätzt. Nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe Mitte März 2012 sprach der Gemeindekirchenrat umgehend die fristlose Kündigung des nebenberuflichen Arbeitsverhältnisses aus und erteilte ein Hausverbot. Jeglicher Umgang mit Kindern und Jugendlichen im kirchlichen Umfeld wurde untersagt.

Nach dem nahezu vollständigen Geständnis am Dienstag vor dem Landgericht Oldenburg könnte es bereits am Donnerstag zum Urteil kommen.

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