Wildeshausen Angefangen hat alles mit Briefen, die ein paar Zehnjährige um die halbe Welt geschickt haben. Die postalische Freundschaft zwischen den Wildeshauser Fünftklässlern und jamaikanischen Schülern ist zu einem Hilfsprojekt gereift.
Die deutschen Kinder von damals machen gerade ihren Abschluss – die Arbeiten sind geschrieben. Eine mündliche Prüfung noch – und die Abwicklung der Schülerfirma-Geschäfte. Zwei Jahre haben Marie Behning, Jil Hennefeld und ihre Klassenkammeraden der Wildeshauser Hauptschule in dem Wahlpflichtfach Erfahrungen und Geld gesammelt. Letzteres – alles Einnahmen aus den Projekten der Zehntklässler – geht an den Nachwuchs der Karibikinsel. „Davon sollen Stifte, Papier und Bücher gekauft werden“, sagt Marie – „wir haben hier Luxus und die kaum was. Darum wollen wir helfen.“
Unterstützt werden die 17-Jährigen nicht nur von ihren Lehrern – auch die Buchhandlung Bökers fördert die neue Idee der Jugendlichen: Direkt im Eingangsbereich ist eine knallrote Sammelbox für ausrangierte Mobiltelefone aufgestellt worden. Seit zwei Wochen füttern Kunden sie fleißig mit alten Knochen – klobige Handys. Statt auf dem Müll landen die schwermetallbelasteten Relikte aus grauer Handy-Vorzeit bei Recyclingfirmen und werden weiterverarbeitet. „Ein bis zwei Euro kriegen wir für die alten Modelle“, sagt Jil. Erinnern kann sich die 17-Jährige noch gut an ihr erstes Mobiltelefon.
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Inzwischen steckt ein Smartphone in ihrer Hosentasche. „Da hänge ich aber nicht den ganzen Tag vor. Schule ist wichtiger“, sagt sie und erzählt von der Ausbildung zur Hotelfachfrau, die ab Herbst auf sie wartet. „Was ich in bei der Schülerfirma gelernt habe, kann ich gut für den Job gebrauchen – mit Leuten reden, Pressetermine machen, organisieren“, sagt sie. Vor dem Handy-Sammel-Projekt haben die Hauptschüler angefangen, selbstproduzierte Geschenkartikel zu verkaufen.
Die Kissen, Stifte und Anhänger gibt es ebenfalls in der Buchhandlung am Marktplatz. „Wir finden es unterstützenswert, wenn die jungen Leute über den eigenen Tellerrand hinaus – und nicht nur auf ihr Smartphone gucken“, sagt Bökers-Mitarbeiterin Lene Hjortskov – Ressourcen schonen gehöre zur Geschäftsphilosophie.
Wie viele Bücher die jamaikanischen Kinder am Ende des Projektes bekommen, steht noch nicht fest. Ein erster Kassensturz nach dem Geschenkartikelverkauf hat einen Grundstock ergeben, was die alten Handys einbringen, zeigt sich, wenn das Schuljahr vorüber ist. „Dann fängt der Ernst des Lebens an“, sagt Marie, auf die eine Restaurantfachfraulehre wartet. Danach will sie ins Ausland gehen – „vielleicht bei einer Fluggesellschaft anfangen.“ Und in Jamaika landen? „Wäre toll“, sagt die 17-Jährige – den Briefen von damals und Träumen von Morgen folgend.