Colnrade Tag der Deutschen Einheit, 5 Uhr. Deutschland schlief. Das ganze Land? Nein. In einem 392-Einwohner-Dorf südöstlich von Wildeshausen herrschte emsiges Treiben. Fahrzeuge wurden durch die schmalen Straßen gelotst, Dutzende Pavillons hochgezogen, Tausende Kisten ausgepackt. Nicht nur die Flohmarkt-Szene kennt den Grund: Colnrade bereitete sich auf den Ausnahmezustand vor – „Hökermarkt“.
Um 4.30 Uhr hatten die Vorbereitungen begonnen. Im Colnrader Feuerwehrhaus begrüßte Ortsbrandmeister Carsten Lüllmann mehr als 40 Helfer. Es galt, Aufgaben zu verteilen, letzte Absprachen zu treffen. Viele wussten von früheren Einsätzen, was auf sie zukommt. „In all den Jahren haben wir eine gewisse Routine bekommen“, erklärte Lüllmann.
Viel Zeit durften sich die Helfer nicht lassen. Denn nur wenige Minuten später fing der Run an. „Um 4.50 Uhr“, so berichtete es Karl-Heinz Marziniak, sei der erste Gäste-PKW vor den Toren des Dorfes auf einen abgeernteten Maisacker geleitet worden, der für einen Tag zu einem (ziemlich aufgeweichten) Parkplatz avancierte. Parken – darum kümmern sich beim Hökermarkt in Colnrade der Sportclub und der Fischereiverein, dem Marziniak angehört.
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Wenig später hatte sich am Kieselhorster Weg eine kleine Fahrzeugschlange gebildet. Verkäufer waren eingetrudelt und wollten auspacken. Mit einem Scherz wurden viele von ihnen durch Werner Ohlendieck und Gerold Lindemann begrüßt, die die Standausweise kontrollierten. Man kennt sich eben. Danach übernahm die „radelnde Staffel“: Wer nicht wusste, wo sich sein Stand befand, wurde von einem Fahrradfahrer zum richtigen Platz gelotst.
Auch Verkäufer, die ohne Standausweis in die Schlange am Kieselhorster Weg geraten waren, wurden nicht weggeschickt. „Fahren Sie da vorn rein und stellen Sie sich hinten an. Sie erhalten nachher einen Platz“, empfahlen Ohlendieck und Lindemann einem Paar aus Hannover, das schon die Rückreise erwog. „Sie werden sehen: Es lohnt sich.“
Unterdessen zogen längst die ersten Schnäppchenjäger durch den Ort – in der Dunkelheit ausgerüstet mit Stirnlampe oder auch Taschenlampe. Die ersten Mitbringsel habe ihre Familie gleich beim Auspacken verkauft, staunte Silke Kaiser über das Tempo. Auch für ihren Sohn Jannis hatte sich das frühe Aufstehen gelohnt: Noch vor Mittag hatte der Zehnjährige sein Taschengeld durch Spielzeugverkauf um 60 Euro erhöht.
An der Dorfstraße erlebten viele Besucher eine musikalische Überraschung. Ronja Hilbig, ehedem Sängerin der deutschen Girlgroup Queensberry, und Kristian Vogelberg, Keyboarder bei Heinz-Rudolf Kunze, servierten Musik fürs Herz. Wer sie nicht hören konnte: Am Freitag, 10. November, werden die beiden im Foyer der Musikschule Wildeshausen auftreten.
Bleibt nachzutragen, dass einige Gäste mit ihren PKW auf den aufgeweichten Parkplätzen stecken blieben. Aber auch hierfür gab es Helfer: Junge Landwirte zogen mehrere Fahrzeuge mit einem Trecker vom Acker.
Ein Video vom Hökermarkt: www.nwzonline.de/videos/oldenburg-land
Mehr Bilder unter www.nwzonline.de/fotos-landkreis