Hude „Das ,Ungeheuer’ ist selbstquälerisch und weinerlich und treibt das Mitleid in eine neue Dimension“, resümierte Literaturkritiker Denis Scheck das Werk der diesjährigen Gewinnerin des Deutschen Buchpreises der Frankfurter Buchmesse. Dieser Meinung schließt sich Gerburg Schaller an: „Es ist weinerlich und sehr langatmig“, findet die Huderin. In ihrer Buchhandlung „Lesen und Mehr“ sei seit der Preisvergabe am Montagabend auch keinerlei Nachfrage nach dem Buch „Ungeheuer“ der ungarischen Autorin Terézia Mora eingegangen. In ihrem Werk begleitet die Autorin den fiktiven Darius Klopp, dessen Frau aufgrund ihrer Depressionen Suizid beging. „Das Ungeheuer“ sei ein tief bewegender und zeitdiagnostischer Roman, hieß es in der Begründung der Jury auf der Frankfurter Buchmesse, die Schaller so allerdings nicht nachvollziehen kann: „Wenn Depressionen die heutige Zeit in Deutschland bestimmen sollen, was ist das dann für ein Leben in Deutschland?“, fragt die Buchhändlerin: „Das Buch hat mich enttäuscht.“
Unbeschriebenes Blatt
Anders die gerade mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnete Alice Munro: „Das ist eine Autorin, die es meisterlich versteht, Alltägliches, Persönliches und Menschliches in Kurzgeschichten zu fassen“, lobt Schaller begeistert.
Die Werke des Gastlandes Brasilien auf der Frankfurter Buchmesse sind für Schaller ein unbeschriebenes Blatt: „Brasilien hat zwei große Autoren: Paulo Coelho und Luiz Ruffato“, sagt Gerburg Schaller. Die mangelnde Bekanntheit brasilianischer Autoren in Europa läge an den fehlenden Übersetzungen, „die einzigen brasilianischen Bücher, die in Europa übersetzt wurden, sind hochliterarisch und haben nur eine sehr geringe Leserschaft“, weiß die Huderin. Während Coelho auf spannende Liebesromane setzt, geht Luiz Ruffato in seinen Werken dagegen weiter in die Tiefe, kritisiert Staat und Gesellschaft. Mit ihm ist einer der wenigen bekannten Autoren auf der Frankfurter Buchmesse zu sehen, mit dem auch Gerburg Schaller etwas anfangen kann: „Seine Werke sind sehr gut und spannend zu lesen“. Die meisten Autoren, die in diesen Tagen Brasilien auf der Buchmesse repräsentieren, seien dagegen erst am Anfang ihrer Karriere. Auch die Themen der brasilianischen Bücher seien nicht so vielfältig, wie in europäischen Ländern, „es ist ein spannendes Land, hat aber keine große Geschichte, weil es keine Kriege oder Ähnliches gab“, weiß Schaller. Insgesamt begrüßt die Huderin die Wahl Brasiliens zum Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, denn „literarisch ist es ein Entwicklungsland“. In ihrem Geschäft habe sie außer Büchern von Coelho und Ruffato kein Werk brasilianischer Autoren, „die Nachfrage ist einfach nicht da“, erklärt sie.
Eigener Geschmack
Insgesamt beeinflussen die Nobelpreisvergabe oder die Buchpreis-Gewinner die Nachfrage der Huder nicht: „In Hude zeichnet sich sowas nicht ab“, sagte Schaller. Eher gingen die üblichen Verdächtigen über den Ladentisch: Paul Auster, Daniel Kehlmann oder Rüdiger Safranskis „Goethe“-Biografie würden häufig gekauft. Die Huder haben eben ihren ganz eigenen Geschmack.