GANDERKESEE Die deutsche Fahne prägt das Ortsbild. Am Rathaus darf aber nicht geflaggt werden.
von thorsten konkel GANDERKESEE - Ob im
Vorgarten, an Autos, Hauswänden oder Fan-Wangen – die Farben Schwarz, Rot und Gold prägen nach rund zehn Tagen Fußball-WM auch in Ganderkesee zunehmend das Ortsbild. Während Feuilletonisten bereits über das Für und Wider eines neuen Patriotismus’ diskutieren, gehen die Ganderkeseer völlig unverkrampft mit dem dreifarbigen „Wir-Gefühl“ um. So wie Sabine Spruth. Die 25-jährige Ganderkeseerin hat nicht nur ihren Arbeitsplatz mit Papierfähnchen geschmückt, sondern für die deutsche Flagge auch noch eine weitere Funktion gefunden – nämlich als sommerlich knappes Wickeltop. Die Veranstaltungskauffrau schmunzelt: „Wir wollen schließlich nach Berlin ins Endspiel. Das schafft man nur durch Motivation und mit vollem Körpereinsatz.“
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„Einfach cool“ findet auch Tanja Erdmann aus Hoykenkamp den Trend, Flagge zu zeigen: „Wir sind von Haus aus eine fußballbegeisterte Familie. Meine Tochter Sarah malt sich zu jedem Spiel der deutschen Mannschaft die Nationalfarben auf die Wangen. Und extra der WM wegen haben wir meinem Mann zum Geburtstag einen vier Meter hohen Fahnenmast samt Nationalflagge geschenkt.“ Dabei haben die Erdmanns auch schon an einen Verwendungszweck nach dem Sportereignis des Jahres gedacht. Dann wird frisches (Werder-) Grün statt Schwarz-Rot-Gold am Mast wehen. Vorerst jedoch gilt die Liebe der Klinsmann-Elf: Ganz im Trend, auch mobil Flagge zu zeigen, zieren zudem zwei Ansteckfähnchen das Familienauto.
Da haben die Erdmanns Glück gehabt, denn „Autoflaggen sind nicht mehr zu haben. Selbst der Großhandel ist ausverkauft. „Wir mussten schon über 100 Interessenten enttäuschen“, bedauert Einzelhändler Hans Stöber aus Ganderkesee. Auch anderswo im Ort gibt es kaum noch deutsches Fahnentuch zu kaufen. Noch schlimmer die Lage gestern in Bookholzberg: „Keine Chance, alles weg. Deutsche Fahnen, gleich welcher Größe, sind der absolute Topartikel“, sagte Martina Gnaase von der Buchhandlung Brandes.
Während das Flagge-Zeigen für den Privatmann reine Geschmacksfrage ist, gelten für öffentliche Gebäude strenge Regeln. Mit Bedauern verweist Bürgermeister Gerold Sprung auf die Flaggenverordnung: Die verbiete es, vor dem Rathaus ohne offiziellen Grund die deutsche Fahne zu hissen. „Wir würden es gerne machen, wenn wir dürften“, meinte Sprung, den es nach eigenen Angaben „erfreut, wie viele Menschen sich jetzt über die Fahne identifizieren.“ Bleibt abzuwarten, ob dieses Bekenntnis anhält, wenn die WM vorbei oder die deutsche Mannschaft ausgeschieden ist.