Wildeshausen - Evelyn Goosmann legt ein sepiafarbenes Foto auf den Schreibtisch. Wann genau die Aufnahme des damaligen Teams der Markt-Apotheke in Wildeshausen entstand, weiß sie nicht, „irgendwann in den 80er-Jahren“. Sie und Thomas Weißenborn sind links auf dem Foto sofort zu erkennen. Weißenborn hat 40 Jahre lang in der Apotheke gearbeitet und zum 31. Dezember aufgehört, Goosmann ist seit 2. Januar seit 40 Jahren dabei.
Anfangs kleines Team
Die 65-Jährige ist seit September in Rente, arbeitet seitdem auf Minijob-Basis für siebeneinhalb Stunden in der Woche weiter – solange sie noch kann, wolle sie in dem Beruf weitermachen, sagt die Wildeshauserin. Zunächst hatte sie Apothekenhelferin gelernt. Anschließend ließ sie sich zur PTA (Pharmazeutisch-technische Assistentin) ausbilden, arbeitete anschließend zwei Jahre in der Bahnhof-Apotheke in Bremen. Durch einen Zufall kam sie zur Markt-Apotheke: An einem Wochenende wollte sie dort Medikamente für ihren Mann besorgen. Dr. Bernd Meyer aus Barnstorf, der die Apotheke 1981 eröffnet hatte, fragte sie, ob sie bei ihm anfangen wolle zu arbeiten.
Als Weißenborn ab 1. Januar 1984 die Apotheke übernahm, nahm Meyer sein gesamtes Team mit. „Aber eine PTA habe ich Ihnen organisiert“, habe Meyer gesagt. „Wir waren damals ein extrem kleines Team“, sagt der 69-jährige Weißenborn: er, Goosmann, eine Auszubildende und eine Reinigungskraft. Mittlerweile zählen die Weißenborn-Apotheken, zu denen die „Insel am Westring“ in Wildeshausen (2006 eröffnet) sowie die Lindenmarkt-Apotheke in Bassum (2004) zählen, mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Am 1. Oktober 2020 übergab Weißenborn seine Filialen an Ralf Oehlmann. Weißenborn lebt in Weyhe, studierte in Marburg Pharmazie. Seine beiden Töchter sind heute selbst in den Apotheken tätig.
Gegenüber befand sich die „extrem starke“ Apotheke von Hildegard Bohnes, erinnert sich Weißenborn an die ersten Jahre. „Damals, als Jungspund, habe ich gesagt ‚Ich nehme den Kampf auf’.“ Goosmann hat Bohnes noch vor Augen: „Sie war eine starke Persönlichkeit.“
Was 1984 noch anders war? „Heute gibt es viele Eingriffe von außen, die Geld sparen sollen“, sagt Weißenborn. Ein Beispiel: Wenn man einen Urlaub plante, durften Pflaster, Insektenspray, Mittel gegen Durchfall und Weiteres nicht fehlen. „Man ging damals zum Arzt, der einem ein Rezept dafür ausstellte.“ Dann sei 2004 der „größte Cut“ gekommen: Rezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel werden seitdem grundsätzlich nicht mehr von gesetzlichen Krankenkassen erstattet. „Wir werden mit Kostendämpfungsmaßnahmen immer zu tun haben“, sagt Weißenborn.
Beratung nimmt zu
Habe man zudem früher vor allem Tees angemischt, habe die Herstellung von Arzneimitteln heute zugenommen, darunter Salben für die Haut. Wurden in den 80er- und 90er-Jahren Schubladen aufgezogen, übernimmt seit 20 Jahren ein Automat die Arbeit. Wechselte man vor 40 Jahren beim Medikamentenkauf noch ein paar Worte, habe die Beratung am Handverkaufstisch – so der korrekte Name – deutlich mehr an Bedeutung gewonnen, da Ärztinnen und Ärzte weniger Zeit dafür hätten. Man müsse immer auf dem neuesten Stand bleiben, sagt Goosmann. Die Gratwanderung hierbei: „Wir dürfen keine Diagnosen stellen.“
Goosmann, die sich seit fast 30 Jahren in der Politik engagiert und stellvertretende Bürgermeisterin in Wildeshausen ist, möchte dieses Engagement vertiefen. Außerdem hilft sie einmal in der Woche bei der Tafel aus. Thomas Weißenborn denke jetzt über neue Hobbys nach – da er nun die Zeit dafür habe. Im Sommer endet außerdem eine Nebentätigkeit für ihn: 25 Jahre lang unterrichtete er angehende Altenpflegerinnen und -pfleger an den BBS in der Arzneimittelschulung.