Munderloh Mehr Geld für die Milch ihrer Kühe und das Fleisch ihrer Rinder, Schweine und Geflügel: Mit diesen Forderungen gehen die Landwirte in der jüngeren Vergangenheit an die Öffentlichkeit und versuchen die weiterverarbeitenden Betriebe von der Notwendigkeit zu überzeugen. Die NWZ hat mit fünf Landwirten aus Munderloh über ihre Sicht der aktuellen Lage gesprochen.
Hof Biebert
Nicole Biebert (34) und Renke Biebert (38) betreiben auf ihrem Hof Schweine- und Rindermast. Relativ neues Standbein ist seit zwei Jahren zusätzlich die Direktvermarktung von Eiern und Fleisch von eigenen Tieren über einen Hofladen: „Früher wurde uns Landwirten immer nur geraten, mehr, immer mehr, zu produzieren. Das hat lange ja auch geklappt, weil alles abgenommen wurde“, erinnert sich die Landwirtin.
Sie und ihr Mann sind überzeugt: Die landwirtschaftliche Produktion im industriellen Maßstab müsste wegfallen. „Dadurch werden die Preise kaputt gemacht. Viele der Großbetriebe, gerade in Ostdeutschland, sind doch nur Abschreibungsobjekte für große Konzerne.“ Früher hätten Landwirte 20 Jahre lang einen neuen Stall abgezahlt, heute sind es 30 Jahre und danach ist er nicht mehr zeitgemäß. „Wir wollen faire Preise für unsere Produkte, damit wir davon leben können. Wenn immer mehr Landwirte gezwungen sind, aufzugeben, macht sich Deutschland immer mehr abhängig von anderen, produzierenden Ländern. Die Corona-Pandemie hat doch schon bei Medikamenten und Schutzausrüstung gezeigt, dass das sehr problematisch ist. Mit die wichtigste Versorgung darf nicht in fremde Hände gelangen. Wir machen uns erpressbar.“
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Hof Schweers
Dieter Schweers (62) ist spezialisiert auf Rindermast und Eier: „Es gibt aufwendige Zertifizierungen für Hühnerhaltung oder Schweinemast. Doch egal ob Kontrollierte alternative Haltungsformen (KAT) oder QS, am Ende hat sich das Versprechen, dass so die Erlöse der Landwirte steigen, stets in Luft aufgelöst. Schlimmer noch, diese Standards werden über den Handel untergraben. Zum Beispiel durch Flüssig-Ei, das im Tetrapak aus dem Ausland kommt.
Keiner interessiert sich dafür, ob wir Produzenten noch von unserer Arbeit leben können. Dabei reden wir nicht von einem Quantensprung, sondern lediglich Cent-Beträgen. Am Ende muss ich doch so viel verdienen können, dass ich auch meinem Mitarbeiter einen vernünftigen Lohn zahlen kann. Selbstvermarktung wird die Probleme nicht lösen. Nicht jeder Landwirt kann oder will das. Das scheitert manchmal schlicht an der abgelegenen Lage eines Hofes. Schön, dass zumindest immer mehr Gastronomen auf regionale Produkte umschwenken. Aber die haben jetzt selber massive Probleme.“
Hof Fiedler
Edo Fiedler (53) hält Milchkühe und mästet Schweine: „Mittlerweile stehen in vielen Dörfern Ställe, deren Besitzer gar kein Landwirt ist. Das Problem der wirklichen Landwirte ist: Wir können mit unseren Produkten nicht streiken. Ich kenne einige, die mittlerweile daran denken, die Reißleine zu ziehen und aufzugeben. Wenn ich mein Kapital (Land) verkaufen muss, um weiterzumachen, dann ist auch für mich Schluss.“
Hof Wellmann
Bernd Wellmann (56); Milchkühe und Bullenmast: „Das Problem ist, dass der Käufer doch kaum sehen kann, woher das Fleisch oder die Milch kommt. Vorne steht ein schönes Bild auf der Verpackung, das die Herkunft aus Deutschland suggeriert, und nur im Kleingedruckten gibt es den Hinweis auf den wahren Herkunftsort. Oder, sobald etwas weiterverarbeitet wird, ist es ein Produkt aus Deutschland. So etwas müsste viel deutlicher gekennzeichnet sein. Wir fordern von der Politik ein Gesetz, dass Lebensmittel nicht verramscht werden dürfen und unter dem Erzeugerpreis angeboten werden.
Landwirt ist eigentlich ein schöner Beruf. Dennoch: Kleine und mittlere Betriebe werden als erste gezwungen sein, aufzuhören.“