Oldenburg Plötzlich redete der Schauspieler Kurdisch. Die Schülerinnen und Schüler verstanden nicht, was er sagte. Nach einer Weile konnten sie einige Fetzen ausmachen – die Jugendlichen sollten das kurdische Alphabet aufschreiben. Allerdings von rechts nach links. Und: Rechtshänder sollten mit links schreiben und Linkshänder mit rechts. „Das dient dazu, den Leuten zu vermitteln, wie es ist, wenn man in ein anderes Land flüchtet“, sagt der kurdische Schauspieler, Orhan Müstak. Denn so ähnlich müssen sich Flüchtlinge fühlen, wenn sie nach Deutschland kommen, die Sprache nicht beherrschen oder nicht schreiben können.
„Flucht und Ankommen“ war Thema des theaterpädagogischen Workshops mit dem Schauspieler im Jugendprojektehaus „Weiße Rose“. Rund 25 Schüler der 10. Klasse der IGS-Flötenteich nahmen an dem Workshop im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Von Opfern, Zivilcourage und Überforderung“ teil. Der 32-jährige Schauspieler, der in der Fernsehserie „Danni Lowinski“ mitgespielt hat, kam selbst als Flüchtling mit seinen Eltern nach Norddeutschland. Im Workshop stellte Müstak verschiedene Szenen und Standbilder vor – bei einigen wurden die Schüler animiert, sich einzufügen.
„Gerade im Theater kann man das gut darstellen“, so Schülerin Mia Busse (16). „Es ist einfacher sich hineinzuversetzen, wenn man es selber spielt.“ Doch die Schüler wissen, dass es ein schwieriges Thema ist. Als sie eine nachgespielte Fluchtszene in einem Standbild darstellten, sollte sich jeder spontan einfügen. Doch nicht alle Teilnehmer kam auf Anhieb dazu. „Die müssen das auch erst mal verdauen“, so Müstak, „es dauert manchmal ein bisschen, bis die erste Person dazu kommt“. Der Schauspieler platzierte sich in der Mitte und stellte einen Vater mit seinem Kind auf dem Arm dar. Nach und nach kamen einige Schüler hinzu. „Ich habe dann mein Gesicht in meinen Händen vergraben, um Verzweiflung darzustellen“, sagt der 17-jährige Schüler Arian Guslo. Auch hinterher wirkt das szenische Spiel noch nach: „Das ist echt eine Bereicherung für die Teilnehmer, man geht mit einem anderen Gefühl wieder raus“, sagt der Schauspieler.
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Aus ihrem Kurs an der IGS „Darstellendes Spiel“ brachten die Jugendlichen bereits Vorwissen zum Schauspielern mit. „Wir machen viel Theaterpädagogik und konnten so die Methoden anwenden“, sagt Mia. Dennoch musste Müstak einige schauspielerische Fragen beantworten, denn die Schüler bereiten gerade zu dem Buch „Krieg: Stell dir vor, er wär hier“ ein Stück vor. „Es ist toll, wenn man einen professionellen Schauspieler dabei hat“, sagt Gina Schumm, Referentin für politische Bildung und Organisatorin des Projekts.
Die Veranstaltungsreihe wird von Jugendarbeit e.V. in Kooperation mit der IGS Flötenteich, Zirkusschule Seifenblase und dem Medienbüro Oldenburg durchgeführt. Zum nächsten Termin am Donnerstag, 2. März, im IGS-Forum wurde in Zusammenarbeit mit der Band „Microphone Mafia“ ein ganztägiges Programm zu den Themen Rechtsextremismus und den NSU-Anschlägen auf die Beine gestellt.